Tatsächlich gab es in Nouméa noch ein Museum, das wir nicht kennen. Leider muss ich das etwas einschränken. Das Museum Neukaledonien kennen wir auch noch nicht, es wird erst 2024 wieder eröffnet. Der Neubau wirkt vielversprechend. Das andere Museum, das wir noch nicht kennen, ist das über den Zweiten Weltkrieg. Am Dienstagnachmittag steht es schließlich auf dem Programm.
Wir haben nicht viel erwartet und werden (mal wieder) überrascht. Die Ausstellung kommt mit wenigen Exponaten aus und erklärt trotzdem kurzweilig die Rolle Neukaledoniens im Zweiten Weltkrieg. Die neueren Tafeln und Plakate sind zweisprachig, Französisch und Englisch. In der Ausstellung weisen Zahlen auf Inhalte hin, die mit dem Tablett, das wir am Eingang bekommen haben, aufgerufen werden können. Kurze Texte und Wortbeiträge auf Französisch, Englisch und Japanisch führen durchs Museum.
Hier für euch eine kurze und sehr grobe Zusammenfassung eines außerordentlich komplexen Geschehens:
Aus neukaledonischer Sicht, fand der Krieg zunächst weit entfernt in Europa statt. Im Juni 1940 wurde der Waffenstillstand zwischen Frankreich und Deutschland vereinbart. Währenddessen rief Charles de Gaulle aus dem Londoner Exil auf ihm zu folgen, die Niederlage sei nicht endgültig. Erstaunlich viele neukaledonische Männer folgten dem Aufruf und kämpften im pazifischen Bataillon in Nordafrika und Europa für ein freies Frankreich.
Mit dem Angriff auf Pearl Harbour weitete sich der Krieg im Pazifik, der zunächst hauptsächlich ein Krieg zwischen Japan und China war, auf den (West-) Pazifischen Raum aus. Ab 1941 besetzte Japan große Teile des Westpazifiks. Die Schlacht um Guadalcanal in den Salomonen (im pazifischen Maßstab nebenan) gilt als Wendepunkt des zweiten Weltkriegs im Pazifik. 1942/43 fanden hier erbitterte Kämpfe um die Inseln und die Vorherrschaft im Pazifik statt, aus denen die US-Amerikaner siegreich hervorgingen und den Rückzug der Japaner einleiteten.
Neukaledonien diente (glücklicherweise) nicht als Schlachtfeld der Großmächte, wurde aber von Australien, Neuseeland und USA als Truppenstützpunkt genutzt. Auf der kleinen Insel mit ihren nur ca. 50.000 Bewohnern wurden Flughäfen, Krankenhäuser und Stützpunkte gebaut. In gewisser Weise wurde die Insel wachgeküsst (oder heimgesucht…). Die Soldaten brachten nicht nur neue Musik und Mode, und suchten Unterhaltung, sondern brachten auch wirtschaftlichen Aufschwung. Die einheimischen Kanaken hatten unter der französischen Kolonialmacht wenig Rechte, mussten Zwangsarbeit leisten (etwa 55 Tage im Jahr), durften sich nicht frei bewegen und wurden schlecht bezahlt. Hier brachte der Krieg gravierende gesellschaftliche Veränderungen. Es begann mit der Verdoppelung der Löhne durch die US-Amerikaner, die dringend Arbeitskräfte, insbesondere im Hafen, brauchten. 1946 wurden die Kanaken Bürger mit allen Rechten und Neukaledonien wurde französisches Überseegebiet.
Die Ausstellung endete mit den Zukunftsaussichten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Während für uns Mitteleuropäer mit Ende des 2. Weltkriegs eine lange friedliche Zeit begann (wenn auch mit der Bedrohung des kalten Kriegs), sah das im Indo-Pazifischen Raum ganz anders aus. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs hatten die großen Kolonialmächte diesen Teil der Welt unter sich aufgeteilt. Indochina war Französisch, die Briten waren nicht nur in Malaysia, Hongkong und Papua, Indonesien war niederländisch, die Philippinen US-amerikanisch,… Nach dem zweiten Weltkrieg folgte hier eine „Neuordnung“, mit z.T. furchtbaren Kriegen (wie in Vietnam, Ost-Timor), während der viele Staaten unabhängig wurden. Einige Menschen, die als Arbeiter vor dem Krieg nach Neukaledonien gekommen waren (zum Beispiel aus Java oder Indochina), wollten zurück in ihr nun unabhängiges Heimatland. Andere blieben, weil sie heimisch geworden waren, es ihr Land nicht mehr gab oder sich im Krieg befand. 1100 Japaner wurden um 1941 aus Neukaledonien deportiert, enteignet und verbrachten Jahre in Lagern in Australien. Sie durften nicht zurückkehren, obwohl viele von ihnen eine Familie in Neukaledonien hatten.
Und dann gab es da natürlich noch die Atomwaffentests in Australien, Bikini oder in den französischen Tuamotus. Das ist wieder ein ganz anderes Thema, auch ein wichtiges in Sachen pacifique Pacifique. Friedlicher Pazifik.
Wir haben viel Neues gelernt oder, oft noch interessanter, Bekanntes in neuem pazifisch-französischem Zusammenhang gesehen. Umso mehr man lernt, umso weniger glaubt man zu wissen.
