Tusitala, Blumenkränze und Weihrauch

In und um Apia gibt es einiges zu sehen. Wir wollen zur Villa Vailima, dem Robert Louis Stevenson Museum. Der Schriftsteller hat die letzten viereinhalb Jahre seines Lebens hier verbracht bevor er mit Mitte Vierzig an Tuberkulose starb. Unter den Samoanern genoss er ein hohes Ansehen, was auch dazu geführt hat, dass sie ihm seinen letzten Wunsch erfüllt haben und ihn auf dem Mount Vaea, dem Stadtberg Apias, beigesetzt haben. Sanna macht eine hervorragende, unterhaltsame Führung. Wir lernen, dass das Haus zu Beginn der 90er Jahre wieder aufgebaut wurde und seitdem Museum ist, dass es im Haus gleich zwei Kamine gibt (sehr sinnvoll bei 30+ Grad…), dass RLS die Ananas nach Samoa gebracht hat (eine gute Idee, wie wir finden), dass er Tusitala, der Geschichtenerzähler, genannt wurde und dass er mehr als dreißig Bücher geschrieben hat (uns fiel nur die Schatzinsel ein), darunter auch Dr. Jekyll und Hyde. Zum Ende der Führung singt Sanna das Gedicht, das RLS für sein eigenes Grab geschrieben hat, in gleich doppelter Ausführung. Auf Englisch und Samoanisch. Ganz toll. Guide im Museum ist also keine berufliche Perspektive für mich, ich scheitere am Gesang.
Im Anschluss an die Führung unternehmen wir die kleine Wanderung zum Grab in 472m Höhe, man soll feste Schuhe tragen und Wasser mitnehmen. Wasser haben wir, die Schuhe, nun ja, wir machen es samoanisch und laufen in FlipFlops bzw. Crocs. Das Rugbyteam, das die Tour gleich zweimal machen muss (!), ist auf Badelatschen unterwegs. Der Weg durch den Wald ist schön schattig und die Aussicht grandios.
Auf der Suche nach einen Supermarkt wandern wir wieder zurück zum Boot und haben am Ende fast 10 km in den platten Füßen. Abends schaffen wir es nur noch in die Marina-Bar. Das sind etwa 100m das geht auch mit ganz müden Beinen, wenn ein kaltes Bier lockt. Das lokale Bier ist sehr lecker, die Jungs von Zoll hatten Recht! Glücklicherweise fällt die Samstagsparty humaner aus als die am Freitag. Freitag hatten wir nicht nur laute Musik, sondern auch noch ein Konzert auf einer Wiese in der Nähe. Die Bässe haben unseren Rumpf vibrieren lassen. Da hier aber um Mitternacht Sperrstunde ist, kommt man schließlich trotzdem zu seinem Schlaf.
Sonntag ist Sonntag. Fast alle Geschäfte, Restaurants sind geschlossen und jegliche Arbeit oder sichtbare Aktivitäten sind unerwünscht. Wir entscheiden uns den Sonntag samoanisch zu verbringen und gehen in die Kirche. Fast alle Samoaner gehören einer christlichen Kirche an und die Kirchendichte ist etwa so groß wie in Salvador. Wir entscheiden uns für den katholischen Gottesdienst um 9.30 Uhr, frei nach dem Motto „wenn schon Kirche dann Kathedrale“. Die Mischung aus Blütenkränzen und Weihrauch ist berührend und der Gesang des Chors zum Niederknien. Nicht nur im übertragenden Sinne, wir sind ja bei den Katholiken. Die Samoaner kleiden sich sonntags besonders schön. Weiß ist die Sonntagsfarbe. Wir sehen viele Frauen in langen weißen Kleidern mit weißem Hut und Männer in weißen Hemden und natürlich im Rock. Bei den Katholiken dominiert weiß nicht, hier sind alle Farben vertreten, doch auch hier kleidet man sich sonntags besonders sorgfältig. Die obligatorische Blume hinter dem Ohr rundet jedes Outfit ab.
Wir verbringen einen ruhigen Sonntag mit lesen, Blog schreiben und fantastischem Fisch zum Abendessen (im einzigen geöffneten Restaurant in der Nähe). Wenn mir die Olivenölflasche nicht umgekippt wäre und sich der Inhalt nicht großflächig verteilt hätte, wäre es ein richtig entspannter Tag gewesen. Irgendwas ist ja immer.