Freitagmorgen geht es zunächst zur Immigration. Das richtige Büro ist schnell gefunden und brechend voll. Wir werden in ein angrenzendes Büro gebeten, füllen die Papiere aus, bekommen einen Stempel in den Pass und dürfen nun 90 Tage in Samoa bleiben. Die zuständige Dame ist unglaublich nett und fröhlich. Talofa! Willkommen in Samoa.
Nachdem das Pflichtprogramm beendet ist, stürzen wir uns ins Getümmel. Erster Stopp „bluesky“. Wir kaufen eine SIM Karte samt 10 GB Datenvolumen für umgerechnet 16 Euro und können nun wieder am virtuellen gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Auf dem Fischmarkt sehen wir uns die großen Thunfische an und die Fischkutter mit ihren Langleinen, wir werfen einen Blick in die Kathedrale, befühlen Stoffe in einem Stoffladen, kaufen Briefmarken bei der Post und kommen am Uhrenturm, berühmten Hotels und Regierungsgebäuden vorbei. Es herrscht fröhliches Gewusel und entspannte Geschäftstätigkeit. Essensstände, Flohmarkt, Taxifahrer auf der Suche nach Kunden und unglaublich viele Kinder.
Mann trägt Rock. Das fällt sofort ins Auge. Der Lava-Lava ist nicht nur Teil der Polizeiuniform, er wird zum Oberhemd im Büro getragen oder leger als Freizeitkleidung, in die Kirche, zum Wandern und er ist Teil der Schuluniform. Meist handelt es sich um einen traditionellen Wickelrock in dunklen Farben, aber auch knallbunte Exemplare oder Varianten mit Cargo-Taschen werden getragen. Ich finde es stylisch und bei diesen Temperaturen ist ein Rock sehr angenehm. Es ist so heiß wie so lange nicht mehr, Gedanken an Tee mit Rum wie noch in Raiatea kommen hier nicht auf.
Die Menschen sind unglaublich freundlich und kontaktfreudig. So erfahren wir, dass Apia ein neues Parlamentsgebäude hat, wo das Gericht ist und dass am Mittwoch die Landwirtschaftsausstellung beginnt. Englisch ist zweite Amtssprache, das erleichtert die Verständigung. Nach einem ausgesprochen leckeren Mittagessen, Poission Cru (roher Fisch in Kokosmilch und Zitronensaft) heißt hier Oka, machen wir uns auf den Weg zurück zum Boot.
Samoa ist ein kleines Land, über das man wenig weiß. Deshalb gibt es hier ein paar Eckdaten. Samoa ist 2830 km² klein (Deutschland ist 123 mal so groß) und verteilt sich auf zwei größere Inseln, Upolu und Savai`i und acht kleinere Inseln von denen nur 3 bewohnt sind. Die meisten der 196000 Menschen leben auf Upolu, knapp 40000 davon in der Hauptstadt Apia. Die Bevölkerung Samoas ist sehr jung, 38 % sind unter 15 Jahre alt. Die Lebenserwartung ist in den letzten Jahren gestiegen und liegt jetzt bei 78,5 (Frauen) bzw. 72,3 Jahren (Männer). Zum Vergleich, wir Deutschen haben eine Lebenserwartung von 83,4 bzw. 78,7 Jahren. Neben der schlechteren medizinischen Versorgung dürfte dafür auch der nicht unbedingt gesunde Lebensstil sorgen, 47 % der Erwachsenen Samoaner müssen als Fettleibig gelten, in Deutschland sind es etwa halb so viele.
Die Währung heißt Tala, sehr leicht zu merken, und die Geldscheine sind wunderschön bunt. Im Moment sind drei Tala einen Euro wert. Der Tourismus wird langsam die wichtigste Einnahmequelle, exportiert werden Fisch und Bier. Es gibt nur wenig Industrie auf den Inseln, Samoa lebt nicht zuletzt von den vielen im Ausland lebenden Samoanern und der Entwicklungshilfe. Die Annäherung an die Geldgeber (Neuseeland, Australien, China und Japan) erfolgt auf zum Teil skurrilem Wege. Nicht nur, dass man über die Datumgrenze gehüpft ist, 2009 wurde auch der Linksverkehr eingeführt um den Import von Autos aus Neuseeland, Australien und Japan zu fördern, zuvor wurden vor allem Autos aus den USA eingeführt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf entspricht mit 5500 Dollar einem Zehntel des Deutschen.
Samoa wurde etwa 1000 v. Chr. besiedelt. Die ersten Europäer erreichten Samoa 1722 und seit 1830 wurden die Samoaner sehr erfolgreich missioniert. 1857 eröffnete ein Hamburger Kaufmann in Apia eine Niederlassung seines Handelshauses. In den folgenden Jahren stritten die USA, Großbritannien und Deutschland um die Macht. Schließlich wurde die Inselgruppe in Amerikanisch Samoa und Deutsch Samoa geteilt. Zu Beginn des ersten Weltkriegs besetzte Neuseeland Samoa und erhielt es später als Treuhandgebiet. 1962 wurde West-Samoa als erstes kolonialisiertes Land Polynesiens wieder unabhängig. 1963 wurde der Präsident als Staatsoberhaupt auf Lebenszeit gewählt, seit 2007 wird das Staatsoberhaupt nur noch für eine Periode von 5-Jahren gewählt. 1997 wurde der Name von West-Samoa in Samoa geändert.
Ihr seht, wir sind in einer deutschen Ex-Kolonie. Für Engländer oder Franzosen auf Weltumsegelung mag das der Normalzustand sein, für uns ist das ungewöhnlich. An der Uferstraße gibt es ein Denkmal, das die Stelle markiert an der 1900 die deutsche Flagge gehisst wurde.
Die vielen Zahlen habe ich mir nicht ausgedacht, sondern auf der Seite des Statistischen Bundesamtes nachgesehen bzw. bei Wikipedia und im Reiseführer geklaut.
In den nächsten Tagen interessieren uns vor allem die Dinge, die das Statistische Bundesamt nicht erfasst. Wir haben bereits festgestellt, dass die Samoaner unglaublich freundlich und fröhlich sind. Es wird viel und laut gelacht. Außerdem ist uns sofort aufgefallen, dass es vergleichsweise sauber ist. Überall lesen wir „no plastics“, „bring your own straw“ oder „keep our oceans clean“. Seit 30. Januar sind Plastiktüten verboten. Nein, ein Plastiktütenverbot in Samoa wird den Planet nicht retten, aber wir finden es gut, dass die junge Bevölkerung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur erzogen wird. Der Stadtberg wurde mit Bäumen aus einem „reduce your CO2 footprint“ Projekt bepflanzt, so soll man z.B. für jeden Flug nach Neuseeland 6 Bäume spenden und damit die CO2 Bilanz kompensieren. Wenn ich dann allerdings in der Zeitung lese, dass die Leichtathletik-WM in einem Wüstenstaat im klimatisierten Stadion stattfindet… so viele Bäume kann Samoa gar nicht pflanzen.