Toau

Montagmorgen verlassen wir Fakarava. Um kurz vor sieben lösen wir die Leinen von der Boje um pünktlich zu Niedrigwasser um acht am Pass zu sein. Das Timing stimmt, der Pass zeigt sich friedlich und wir werden sanft auf den Ozean hinausgespült. Unterwegs macht Nobbi uns Frühstück und wir genießen einen fantastischen Segeltag.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Toaus Nordpass. Anse Amyot ist ein falscher Pass, ein Riff versperrt den Zugang zur Lagune. Die Einfahrt ist schmal, aber gut betonnt. Die Einfahrt ist hier unabhängig von der Gezeit möglich, das macht die Planung einfach. Freunde berichteten begeistert von Toaus Norden. Doch wir wurden auch gewarnt, nach Toau würden alle fahren, dort sei es nicht mehr schön. Tatsächlich war das erste was wir von der Bucht sahen ein 30m langer Ankerlieger, ein Segler der Luxusklasse, dazu ein 58 Fuss Chartercat mit Crew. Die beiden anderen Fahrtensegler fielen daneben kaum auf. Kaum liegen wir an der Boje, fällt neben uns der Anker des nächsten 50 Fuss Chartercats. Eine italienische Truppe mit französischer Skipperin macht nun gefühlt in unserem Cockpit (weil sie so dicht hinter uns liegen) Yoga. Ganz schön voll hier, finden wir das jetzt gut? Doch, wie so oft, kommt es ganz anders als gedacht. Wir verbringen fantastische gemeinsame Tage.
Am ersten Abend treffen wir Valentine und Gaston an Land. Die beiden wohnen hier an der kleinen Bucht und leben vom Fischfang und vom gelegentlichen Restaurantbetrieb. Wir vereinbaren am nächsten Abend gemeinsam mit den beiden Chartercats bei ihnen zu essen. Die Crew des Luxusseglers hat ein paar Stunden frei bekommen, wir treffen uns bei Valentine auf ein Bier und sie berichten vom Berufssegeln.
Den folgenden Tag verbringen wir unter Wasser. Wir schnorcheln im Zick-Zack durch die Bucht. Der Artenreichtum ist beeindruckend. Ein grauer Riffhai, eine Schwarzspitze und ein Silberspitzenhai, viele Napoleons, Muränen, riesige Zackenbarsche, Doktorfische (lauter Doris), Papageifische, … alles was sich der Schnorchler nur wünscht. Als ich in der Dämmerung der dritten freischwimmenden Muräne begegne, beschließe ich, dass die zunehmende Aktivität dieser nachtaktiven Jäger das Ende meines Badetages bedeutet.
Nach Einbruch der Dunkelheit werden wir von Valentine und Gaston empfangen. Achtzehn hungrige Segler freuen sich auf ein leckeres Essen und werden nicht enttäuscht. Vorweg gibt es eine Art Thunfischpizza. Die Vorbereitungen laufen schon den ganzen Tag. Für das spontane Fest wurde morgens ein Schwein geschlachtet, das den ganzen Tag (von Hand!) über dem Feuer gedreht wurde. Ein echtes Atollschwein, das hauptsächlich Kokosnüsse gefressen hat. Wir sitzen mit den Italienern an einem Tisch, die alle hervorragend Englisch sprechen. Schnell beginnt ein interessantes Gespräch übers Segeln, Reisen, Europa und das Leben. Und zwischendurch verputzen wir das leckere Essen. Fisch-Carpaccio (roher Fisch mit einer würzigen Knoblauchmarinade), Poisson Cru (roher Fisch in Zitrone und Kokosmilch), Fischpuffer, zwei Sorten selbstgebackenes Brot, Reis und natürlich das Schwein. Die Tische biegen sich. Zum Nachtisch gibt es einen Kokoskuchen, der uns so gut schmeckt, dass wir nach dem Rezept fragen. Der Kokoskuchen von Valentine wird zukünftig nicht nur auf Marisol gebacken werden, sondern sicher auch in Mailand. Anschließend sitzen wir mit Hunden und Katzen auf der Terrasse und Valentine, Gaston und zwei Freunde machen Musik für uns. Mein Favorit ist definitiv Gastons Bass aus einem Eimer, einem Stock und mit einer Saite. Wunderschön.
Am nächsten Morgen treffen wir uns alle wieder. Die Hunde und Katzen kennen wir schon, doch nun ist auch der Fregattvogel da. Seit 10 Jahren kommt er einfach immer wieder. Er sitzt mitten auf dem Tisch und lässt sich mit Schweinefleisch füttern. Am Steg läuft die „Spülmaschine“. Das Geschirr vom letzten Abend liegt im flachen Wasser und die kleinen Fische fressen es sauber.
In der kurzen Zeit haben wir von Valentine unglaublich viel über das Leben auf dem Atoll gelernt, sie spricht gut Englisch, interessiert sich sehr für ihre Besucher und ist äußerst mitteilsam. Wusstet ihr, dass Einsiedlerkrebse Tsunamis vorhersagen können? Gaston ist etwas schweigsamer als seine Frau, aber nicht weniger nett. Es fällt uns schwer weiter zu fahren, doch am Samstag soll 3m hoher Schwell aus Südwesten kommen, dann wollen wir in Tahiti sein. Wir verabschieden uns herzlich von „unseren“ Italienern und von Valentine und Gaston. Großzügig werden wir mit Essen versorgt und mit Perlen beschenkt. Die beiden freuen sich über die Zahnbürsten die wir ihnen mitgebracht haben, der nächste Supermarkt ist weit weg. Der Großteil unserer Vorräte neigt sich dem Ende zu und will in Tahiti aufgefüllt werden, doch Zahnbürsten haben wir reichlich.
Bei ruhigem Wetter fahren wir durch den Pass und setzen Segel. Zum Mittagessen gibt es Schwein von Toau mit Valentines leckerem Reis. Langsam verschwindet Anse Amyot und dann Toau am Horizont. Wehmütig blicken wir zurück. Wie gut, dass wir dort waren. Ein schöner Platz mit ganz besonderen Menschen, der uns in Erinnerung bleiben wird.