Hakahau

Sonntags öffnet der Bäcker um fünf. Richtig, um fünf Uhr morgens, da ist es noch dunkel. Im Supermarkt rät man uns früh zum Bäcker zugehen, sonst sei alles ausverkauft. Wir fragen in der Bäckerei ob am Sonntag Baguettes verkauft werden. Ja, um fünf. Ich sehe mich Brötchen backen, fünf Uhr ist nicht meine Lieblingseinkaufszeit. Die nette Frau beim Bäcker bietet uns an Baguettes für uns zurückzulegen (und Schokocroissants!), wir brauchen „erst“ um halb acht kommen. Um acht schließt der Bäcker.
Wir sind inzwischen auf Ua Pou. Die Insel liegt 25 Meilen südlich von Nuku Hiva und ist die südlichste der nördlichen Marquesas. Die Überfahrt hat Spaß gemacht, schönstes Am-Wind-Segeln.
Der Tag begann bereits hervorragend, bzw mantastisch. Als Nobbi sein Morgenbad nahm, bekam der Gesellschaft. Der neugierige Manta umkreiste Mari, bis wir den Ankerplatz verlassen haben. Delfine begleiten uns als wir Nuku Hiva verlassen und empfangen uns in Ua Pou. Segeln kann so schön sein.
Der Ankerplatz in Hakahau ist recht beengt. Wir sind das fünfte Boot und finden einen Platz. Eine Mole schützt die nach Norden offene Bucht, die Plätze im Schutz der Mole sind begehrt. Der Platz ist besonders knapp, weil Aranui, das Versorgungsschiff, kommt. So klein Aranui in der weiten Bucht von Taiohae drei Tage zuvor aussah, so groß wirkt sie hier in Hakahau. Wir wachen auf, als sie sich morgens um sechs langsam in den Hafen schiebt. Die Mole ist deutlich kürzer als das Schiff, doch das macht nichts. Der vordere Teil, dort wo Aranui ein Frachter ist liegt an der Pier, der hintere Teil, den die Passagiere bewohnen, ragt ins Hafenbecken. Wir freuen uns am Hafenkino. Container und Kisten werden entladen, die Passagiere treten ihren Ausflug an, eine Wandergruppe setzt sich in Bewegung, Säcke werden mit dem Gabelstapler auf die Pickups verteilt, ein Tankwagen wird viermal mit Dieselöl gefüllt und fährt rückwärts (!!) den Berg hinauf zum Kraftwerk, die Spätaufsteher unter den Passagieren verlassen das Schiff, eine Holzkiste wird verladen, Obst geht aufs Schiff, die ersten Passagiere kommen zurück, die Leercontainer werden verladen, einige Passagiere gehen nur in ein Handtuch gewickelt zum Baden an den Strand, die Gabelstapler werden an Deck gestellt, die Passagiere gehen zurück an Bord, die Matrosen springen von der Pier ins Wasser, die Pier wird mit dem Wasserschlauch gereinigt, die letzten Passagiere kommen im Laufschritt vom Baden, die Gangway wird eingeklappt, die Aranui legt ab. Den ganzen Tag gibt`s Programm. Nobbis persönliches Highlight ist das Ablegemanöver, eine Achterleine wird zur Hafenmole ausgebracht, an der Aranui sich rückwärts aus der kleinen Bucht zieht.
Samstagmorgen regnet es immer wieder, wir warten auf eine Regenpause um an Land überzusetzen. Es bleibt trocken und wir tüddeln durchs Dorf, sehen uns die gut sortierten Läden an, gucken in die Kirche, schnacken mit der Bäckersfrau, kraxeln auf den Hügel im Osten der Bucht, sehen den Männern mit ihren Rennkanus beim Training zu und sind beeindruckt von den Fischern die im schäumenden Wasser an den Felsen mit der Harpune tauchen. Das eigentlich schlechte Wetter sorgt für Entspannung, wir kommen kaum ins Schwitzen und bekommen keinen Sonnenbrand. Und dann geben die Wolken ganz kurz die Skyline frei, aber nur um sie gleich wieder zu verschlucken. Über dem tiefeingeschnittenen Tal thronen drei große Felszacken, die sich meistens in den Wolken verstecken.
Nachdem Nobbi Sonntagmorgen die Baguettes beim Bäcker abgeholt hat frühstücken wir ausgiebig und erholen uns von der Nacht. Wir sind Zeugen einer sehr ausschweifenden Schulabschlussfeier geworden. Die Feier fand direkt am Hafen statt und kam nur langsam in Schwung. Während einiger Aufführungen wurde moderne Popmusik gespielt, ansonsten erinnerte die Musik beunruhigend stark an Bayrische Volksmusik (kein Scherz!). Einige Reden wurden mit wenig Beifall belohnt und der Grill qualmte so sehr, dass über den Dorf eine dunkle Wolke hing. Wir sind irgendwann ins Bett gegangen und um zwei aufgewacht, als die Party für beendet erklärt wurde. Zwei Gruppen verlegten die inoffizielle Fortsetzung der Feier an den Strand und auf die Mole, leider mit unterschiedlichen Musikgeschmack. Utz utz von der Mole, spanische Liebeslieder am Strand. Als wir frühstücken, hat sich die eine Gruppe mit einer kleinen Schlägerei voneinander verabschiedet. Die betrunkenen Mädels am Strand haben noch schief (und inzwischen heiser) gesungen als wir um halb elf ins Dorf gelaufen sind. Ihre Blumenkränze waren nach der durchgefeierten Nacht nicht mehr ganz frisch, saßen aber noch immer perfekt. Auch das ist Südsee-Exotik.
Der Wetterbericht lädt so gar nicht zum Weitersegeln nach Westen ein, wir sind dankbar für eine Nachspielzeit in Ua Pou.