Ausflugstage

In Französisch Guyana gibt es nichts zu sehen. Diesen Eindruck bekommt man zumindest, wenn man unseren Reiseführer befragt. Ganze vier Seiten widmet er dem Thema Sehenswürdigkeiten und deckt damit das ganze Land ab. Ähnlich viele Ergebnisse bringt die Internet-Recherche. Die Highlights sind anscheinend die Iles du Salut und der Weltraumbahnhof, dann gibt es Verweise auf Cayenne und einige kleine Orte. Sonst nichts. Das wollen wir uns ansehen. Wir wollen wissen, ob es wirklich nichts zu sehen gibt. Also laufen wir am Montag zu den Autovermietern. Da alle anderen geschlossen haben, enden wir bei Sixt. Nach einigen Missverständnissen haben wir schließlich ein Auto für Dienstag und Mittwoch gemietet und vereinbart, dass wir Dienstagmorgen an der Marina angeholt werden.

Die Routenplanung ist einfach. Im Wesentlichen gibt es eine lange Straße entlang der Küste von der brasilianischen Küste bis nach Suriname. Von Cayenne aus nach Westen heißt sie N1, nach Osten N2. Wir machen uns zunächst auf den Weg in die Hauptstadt Cayenne. Cayenne ist eine kleine Stadt, doch mit 60.000 Einwohnern die größte Stadt Französisch Guyanas. Die Häuser haben zwei bis drei Stockwerke, es gibt viele kleine Läden, die Dienstagvormittag auch geöffnet haben, ein paar Restaurants und Cafés. Der junge Mann in der Touristeninformation spricht sehr gut Englisch und gibt uns eine Karte von Cayenne. Vom Fort aus, dessen zugänglicher Teil eine Ruine ist, hat man einen guten Blick auf die Stadt, die Flussmündung und das Meer. Wir machen eine Keks-Pause und vermissen eine Bank. Hinter dem Fischmarkt geht es zum Hafen. Hier liegen viele Fischerboote, alle hervorragend in Schuss. Wir hatten ein solches Boot an den Iles du Salut gesehen und uns gewundert, für ein Fischerboot sah es viel zu perfekt aus, aber für Tauchboote ist das Wasser hier nicht klar genug. Die Fischer stammen samt ihrer Boote aus Venezuela. Die weißen Boote mit ihren blau-gelb-roten Verzierungen sind sehr gepflegt und die Fischer freuen sich als wir ihre Boote bewundern. Die schönsten, gepflegtesten Gebäude in Cayenne sind die Regierungsgebäude. Eine Straße ist gesperrt, man erwartet wichtige Besucher, wir dürfen trotzdem weiterlaufen und Fotos machen. Die Kathedrale ist geschlossen, genau wie eins der Museen. Wir entscheiden uns gegen den Besuch des anderen Museums und für das Café.

Als in der Stadt die Mittagspause beginnt, fahren wir zum Zoo. Der Zoo liegt etwa auf halber Strecke zwischen Cayenne und Kourou. Auf einem kleinen Schotterparkplatz stehen zwei andere Autos, es wirkt sehr ruhig und sehr klein. Wir zucken etwas bei 16,50 Euro Eintritt pro Person, scheint der Preis doch nicht wirklich zum Parkplatz zu passen. Wir werden positiv überrascht. Es gibt nur Tiere, die hier heimisch sind. Zu Beginn des Rundweges, gibt es einige kleinere Gehege und Volieren, im hinteren Teil haben die Tiere erheblich mehr Platz und sind deutlich schwerer zu entdecken. Wir lassen uns Zeit. Vielen Tieren ist genauso heiß wie uns und sie liegen im Schatten rum, doch der Jaguar tut uns den Gefallen, steht auf und streift ein wenig durch sein Gehege. Er balanciert auf einem Balken, das nennt man dann wohl Catwalk, und springt auf ein Podest. Auch der Ameisenbär steht auf, zeigt sich von allen Seiten und fährt seine lange Zunge aus. Das Capybara kommt an den Zaun und nimmt Kontakt auf. Ich finde diese Riesenmeerschweine sehr sympathisch. Wir lernen sogar ein ganz neues Tier kennen, einen Vogel, den wir noch nicht kennen. Die Harpyie ist ein großer Vogel, der Faultiere und Affen erbeuten kann. Er gehört zu den größten und stärksten Vögeln und hat beeindruckende Krallen. Er erinnert mich an Seidenschnabel (Harry Potter Fans wissen wovon ich rede).

Im hinteren Teil des Zoos führt ein Pfad über Seilbrücken durch den Regenwald. Eine halbe Stunde läuft man über die Brücken auf Höhe der Wipfel der niedrigeren Bäume. Unter uns ist es sumpfig. Hier kommt uns die Brücke sehr gelegen, man möchte hier nicht durchs Unterholz kriechen. Über drei Stunden haben wir im Zoo verbracht und nicht nur Tiere, sondern auch die Pflanzen genossen.

Auf dem Rückweg halten wir bei Super U und nutzen es aus, dass wir unsere Einkäufe nicht im Rucksack transportieren müssen. Als Vorsichtsmaßnahme kaufen wir normalerweise nur mit einem Korb ein. Der Inhalt eines gut gefüllten großen Korbs passt in zwei Rucksäcke. Heute laden wir den Einkaufswagen voll. Es gibt Knäckebrot! Und Müsli. Die eigentliche Herausforderung ist es die Einkäufe trocken an Bord zu bringen. Der wasserdichte Rucksack ist sicher im Schiff verstaut.

Am Mittwoch fahren wir nach Westen. Erster Stopp ist der „Montagne de Singe“, der Affenberg. Hier soll es einen kleinen Wanderweg und einen Aussichtspunkt geben. Wir finden einen perfekt gepflegten Wanderweg, liebevoll ausgeschildert. Auf der botanischen Route gibt es viele erklärende Schilder. Vom Aussichtspunkt können wir aufs Meer gucken, sehen das Space Center, Kourou und die Iles du Salut. Der Weg ist sehr schön und ermöglicht es uns auch ohne Wanderausrüstung den Regenwald zu erleben. Die Bäume sind bestimmt 30 m hoch, wieder begeistert uns Artenvielfalt, so viele verschiedene Baumarten und der Lärm, den die Tiere machen.  Die Affen sehen wir nicht, doch unzählige Schmetterlinge, Eidechsen, Leguane und Vögel. Eine kleine Schlange erschreckt mich und zwei Ara-Pärchen sind unser Highlight des Tages.

Als nächstes halten wir bei einem Aussichtspunkt mitten in der Sumpflandschaft an der Küste. Auch hier gibt es einen kleinen Rundweg und eine Hütte von der aus man die vielen Vögel beobachten kann. Wir beziehen den Beobachtungsposten, genießen den schattigen Platz und tatsächlich zeigen sich viele Vögel. Wir stellen fest, dass es genauso schön ist wie Zuhause im Werderland. Nur wärmer.

Iracoubo ist der Wendepunkt unserer Fahrt. Den äußersten Westen des Landes wollen wir erkunden, wenn wir im Grenzfluss zu Surinam ankern. In Iracoubo gibt es eine hölzerne Kirche von 1859, die von innen sehr schön bemalt ist. Ansonsten ist der Ort ausgestorben. Es gibt ein Tourismusoffice, das natürlich geschossen ist. Interessanterweise stehen die Öffnungszeiten des Büros in Kourou an der Tür. Kein Wunder, dass wir nie jemanden antreffen, wenn es doch nur zwischen 8 Uhr und 8.45 Uhr geöffnet hat. In Iracoubo gibt es einen Posten der Polizei an dem die Pässe kontrolliert werden. Wir sind uninteressant und werden durchgewunken, doch mit dem Bus vor uns gibt es Probleme. Der Bus muss die Straße frei machen und alle Mitfahrer werden ins Büro der Polizei geschickt.

Wir legen noch einen Zwischenstopp in Sinnamary ein. Es gibt ein top modernes Rathaus mit gläsernen Aufzug und eine hübsche Promenade am Fluss. Leider sind die Restaurants geschlossen, wir hätten gerne einen Kaffee auf der netten Terrasse am Fluss getrunken.

Wir sind froh, dass wir uns etwas von dem Land, in dem es nichts zu sehen gibt angesehen haben. Es lohnt sich das nichts anzugucken. Wer Baudenkmäler oder spannende Städte sucht wird nicht glücklich werden. Die Attraktion ist, dass es nichts gibt. Leere Straßen und Regenwald. Wie schön muss das Landesinnere sein, der Süden des Landes mit dem dichten Wald, den man nur mit dem Flugzeug erreichen kann, weil es keine Straßen gibt.

Donnerstagmorgen müssen wir unser Auto wieder abgeben. Wir beschließen die Vorteile bis zur letzten Minute auszunutzen. Nobbi bringt mich mit unserer Wäsche zum Waschsalon, und bringt das Auto zurück. Als Nobbi nach seinem 40-minütigen Fußmarsch am Waschsalon auftaucht ist unsere Wäsche bereits trocken. Wir legen einen Zwischenstopp in der Bar ein, trinken einen super Kaffee und freuen uns über flottes Internet. Dann laufen wir zurück zu unserem Fluss Fleuve Kourou.