Tag 6 der Ueberfahrt. Die Stimmung an Bord von Marisol ist ausgezeichnet. Das Wetter meint es gut mit uns. Der Passat schiebt uns, die Welle ist moderat, das Leben an Bord rundum schoen. Wir haben heute Bergfest, die Haelfte der Strecke liegt hinter uns, und wir ueberqueren heute den AEquator und sind dann wieder auf der Nordhalbkugel. Zwei Gruende zu feiern.
Am Mittwoch haben wir Jacare gegen Mittag bei Hochwasser verlassen. Das Ablegemanoever war furchtbar, das Schlimmste unserer Reise, wir haben uns mit dem Kiel in der Mooring des Nachbarboots verheddert, doch zum Glueck ist nichts passiert. Durch die tatkraeftige Unterstuetzung unserer hollaendischen Nachbarn kamen wir frei. In der Flussmuendung treffen wir noch einmal die kleinen Delfine, die Fregattvoegel kreisen, ein letzter Blick aufs Fort, das hohe Silo und den Strand von Cabedelo und schon sind wir unterwegs.
Den zweiten Tag der Reise wuerde ich gern aus meinem Gedaechtnis streichen, ich war furchtbar seekrank. Als ich im stroemenden Regen ueber der Kante hing, habe ich mich nicht zum ersten Mal gefragt warum ich das tue. Die ersten beiden Tage aergerten uns gelegentliche Schauer, seitdem ist es trocken.
Jetzt macht das Segeln Spass, die Tage gehen ineinander ueber, die Ereignislosigkeit ist Luxus. War das gestern als ich das Schiff gesehen habe? Ursel, unsere Windsteueranlage, uebernimmt das Rudergehen, wir lesen, hoeren Musik und Podcasts, unterhalten uns, schlafen und futtern uns durch unsere Vorraete. Das Motto ist, was wir aufgegessen haben, kann nicht mehr schlecht werden. Gestern gab es Nudeln mit Zucchini-Tomaten-Sosse und Tomaten-Gurken-Salat, ausserdem Melone. Heute stehen Suesskartoffeln mit Rotkohl-Tsatsiki und Papaya auf der Speisekarte. Unsere Bananen haben wir schon fast aufgegessen, aber ab morgen muessen wir uns dringend um unsere Ananas kuemmern.
Der Sternenhimmel ist fantastisch, wir koennen Venus, Jupiter, Mars und Saturn sehen. Da der Mond sich nur kurz nach Sonnenuntergang zeigt, ist es so dunkel, dass die Planeten eine silberne Strasse aufs Wasser zeichnen. Ausserdem sind viele Sternschnuppen unterwegs. Natuerlich verrate ich nicht was ich mir wuensche.
Unser friedlicher Bordalltag wurde heute Morgen empfindlich gestoert. Nobbi hat mich mit Kaffee geduscht. Ich schlief, als die Kaffeekanne (French Press) sich nicht runterdruecken lassen wollte und dann schliesslich doch nachgab. Was fuer ein Schreck. Zum Glueck ist nichts passiert. Nur die Kaffeeflecken auf meinem T-Shirt, das eigentlich Nobbi gehoert, und der leichte Kaffeegeruch in unserer Koje erinnern an den Zwischenfall.
