Das erste Highlight am Sonntagmorgen ist ein schwarzer Kaiman, der unter der Terrasse sitzt und uns ebenso interessiert beobachtet wie wir ihn. Dann geht es zum Piranha angeln. Wir sollen die Fische mit den berüchtigten Zähnen mit einer traditionellen Angel aus dem Wasser holen. Die beiden anderen Reisenden, die heute mit uns unterwegs sind, verzichten und so liegt es an uns. Die Piranhas beißen tatsächlich, sind aber auch sehr erfolgreich darin den Köder abzuknabbern und die Haken zu ignorieren. Schließlich sind wir jedoch beide erfolgreich. Manoel zeigt uns die scharfen Zähne und lässt die kleinen Exemplare wieder frei. Zwei große Piranhas landen später auf dem Grill.
Unser Angelplatz wird auch von vielen fröhlichen Papageien bevölkert. Die kleinen grünen Vögel machen einen unglaublichen Lärm in der Baumkrone über unsern Köpfen. Während wir im Boot sitzen und die Angel baden haben wir Gelegenheit uns die schwimmenden Pflanzen genau anzusehen. Sie haben ganz unterschiedliche Strategien. Mein Favorit sind die kleinen lila Blumen, die aus ihren Blättern einen Schwimmkörper formen. Diese Luftblase hält sie nicht nur über Wasser, sie sieht auch schön aus.
Während unserer Kanutour am Nachmittag treffen wir wieder auf die scheuen Uacaris und haben Glück. Eine ganze Familie der weißen Affen ist in den Bäumen über unseren Köpfen unterwegs. Umso länger man im Wald unterwegs ist, umso mehr Zeit hat man sich für die kleinen Dinge zu begeistern. Wir haben gelesen, dass Ameisen etwa 30 % der tierischen Biomasse ausmachen. Das erscheint zunächst wahnsinnig viel, doch wenn man sich bei einer Kanutour die Äste, zwischen denen das Kanu hindurch gleitet, genau ansieht, hält man es für möglich. Auf fast jedem Ast sind Ameisen unterschiedlichster Größe unterwegs. Auf einem Baum transportiert eine Blattschneideameisen-Straße große Blattstücke, als wir den Ast anstoßen, lassen sie die Blätter fallen. Kaum sind wir vorbei, wird der Transport fortgesetzt. Viele Pflanzen gehen eine Symbiose mit Ameisen ein. Die Ameisen wohnen zwischen dünnen Härchen auf den Ästen und wehren im Gegenzug Fressfeinde ab. Auf einem Blatt hat sich eine kleine Schlange zusammengerollt, an einem Baum hängen kleine Fledermäuse und überall haben Spinnen ihre Nester gebaut.
Der Wald besteht, anders als wir das aus unseren Wäldern kennen, aus einer Vielzahl unterschiedlicher Baumarten. Nur selten stehen Individuen der gleichen Art nebeneinander. Neben den großen Bäumen, für die der Regenwald berühmt ist, wachsen auch viele Palmen im Wald. Darunter die Acai-Palme an der die dunkelvioletten Früchte wachsen, die es in Brasilien überall als Eis oder Saft zukaufen gibt. Kaum ein Baum lebt hier „allein“. Es gibt eine unendliche Anzahl von Epiphyten (Pflanzen, die auf anderen Pflanzen wachsen), wie zum Beispiel Bromelien. Lianen wachsen von vielen Bäumen nach unten und manch einem Baum wird seine Gastfreundschaft nicht gedankt und er wird später von seinen Untermietern umgebracht, wie bei den Würgefeigen. Es gibt hier auch verschiedene Vertreter der Gattung Inga, ich wusste bisher nicht, dass ich mir den Namen mit einer Pflanzengattung teile. Auch wenn die Bäume häufig nur die Kulisse darstellen, sobald Affen, Faultiere oder Vögel auftauchen, sind die doch die wahren Stars des Regenwalds. Und sie laufen nicht weg, man kann sie ganz in Ruhe betrachten.
Nach dem Abendessen steht eine Nachttour auf dem Programm. Wir sind insgesamt zwölf Personen und sind gespannt was wir im Dunkeln zu sehen bekommen. Die Augen der Kaimane leuchten gelb, wenn man sie mit einer Taschenlampe erwischt. Unsere Guides zeigen uns einige nachtaktive Vögel und fröhlich blinkende Glühwürmchen tanzen um uns herum. Zwischendurch machen wir alle Lichter aus, lassen das Boot treiben, genießen den Sternenhimmel und lauschen den Geräuschen des Waldes. Richtig beeindruckt haben mich die fischenden Fledermäuse. Ja genau, Fledermäuse die sich von Fisch ernähren gibt es wirklich.
Nachdem wir Dani erzählt haben, dass wir gerne noch einmal mit dem Kanu losfahren würden, dürfen wir jeden Tag ins Kanu, so auch Montagmorgen. Die kleine Schlange liegt auf dem gleichen Blatt zusammengerollt wie am Tag zuvor. Ob sie auf diesem Blatt wohnt?
Wir sehen einen Zitteraal, unser Guide warnt uns ihn nicht zu berühren. Das wäre auch keine gute Idee, die Jungs können ihren Opfern einen satten Stromschlag verpassen, eine Spannung von 600 Volt ist keine Ausnahme. Viele Brüllaffen zeigen sich und sind ausnahmsweise nicht so scheu, so dass wir Gelegenheit haben sie in Ruhe zu beobachten. Anders als die kleinen Totenkopfäffchen, springen sie nicht ganz so weit, sondern prüfen vorsichtig ob die dünnen Äste sie auch tragen.
Nachmittags geht es auf unsere letzte Bootstour. Wir unternehmen eine weite Fahrt um dem Sonnenuntergang auf dem Rio Japura anzusehen. Der Sonnenuntergang ist schön, aber noch schöner sind die vielen kleinen, ruhigen Kanäle, durch die wir auf dem Weg dorthin fahren. Wir sehen wieder sehr viele Affen. Eine große Gruppe Schwarzkopftotenkopfäffchen mit Babys, mehrere Gruppen Brüllaffen, einmal mit Baby, eine Truppe Gewöhnliche Totenkopfäffchen, die so wild von Baum zu Baum springen, dass ein Ast mit Affe darauf abbricht und Kapuziner mit zwei Babys. Was für ein schöner Abschied. Am Rio Japura machen wir noch einen kleinen Stopp bei einer Familie, die unser Guide kennt. Hier ist das Land etwas höher gelegen. Die Familie hat viele Kühe, die auf dem Trocknen stehen, und baut Bananen an. Auf der Rückfahrt genießen wir noch ein letztes Mal das goldene Licht auf den schönen Bäumen.
Am Dienstagmorgen (12. Juni) ist unsere Woche in der Pousada Uacari schon vorbei. Mit dem Boot geht es wieder nach Tefé und dann mit dem Flieger weiter nach Manaus.
Uns hat es in der Uacari Lodge sehr gut gefallen. Die Lodge ist kein fünf Sterne Hotel, der Luxus hier ist die Natur und die Ruhe. Die Zimmer in der Lodge sind schön durch den unvergleichlichen Ausblick. Wir haben selten so gut geschlafen, obwohl es nicht so ruhig ist wie man denken sollte. Brüllaffen, Frosche und Vögel können ganz schön Krach machen. Eine gewisse Toleranz gegenüber Viehzeug sollte man mitbringen. Gelegentlich haben wir eine Kakerlake gebeten sich doch eine andere Übernachtungsmöglichkeit außerhalb unseres Zimmers zu suchen.
Wir haben viel mehr Tiere gesehen als erwartet, tatsächlich gab es keine Tour, ob im Boot oder im Kanu, auf der wir nicht einige Affen gesehen haben. Jeder, der eine Amazonas-Tour macht wird gewarnt, er solle nicht erwarten viele Tiere zu sehen. Im dichten Wald ist es einfach häufig schwierig Tiere zu sichten. Die Pousada Uacari im Mamirauá Reservat liegt am Rio Japura und am Rio Solimoes, am „Weißwasser“. Dort gibt es generell deutlich mehr Tiere, Moskitos eingeschlossen. Hinzukommt, dass die Tiere, die über Wasser leben, in der Flutsaison zusammenrücken müssen, während sich der Lebensraum der Fische stark ausdehnt. In der Trockensaison ist es andersrum, da ist es dann deutlich leichter Kaimane zu sehen. Mosquitos gab es, bei Sonnenuntergang auch sehr viele, dann musste man sich gut einsprühen. Natürlich haben wir einige Stiche gesammelt, es insgesamt aber gut überstanden. Einen Jaguar haben wir nicht gesehen, das haben wir auch nicht erwartet. Die Jaguar-Expedition übrigens auch nicht.
Die weite Anreise hat sich sehr gelohnt. Wir nehmen einen Haufen schöner Bilder und Eindrücke mit. Die Geräusche des Waldes, die Stille, die Tiere, Licht und Schatten im Wald, dieses unglaubliche Grün, der stetig fließende Fluss… wunderbar!