Chapada Diamantina ist ein Mittelgebirge mit gleichnamigem Naturschutzgebiet im Landesinneren. Auf der Karte in unserem Reiseführer liegt dieses grüne Juwel gleich westlich von Salvador. Wir dachten wir könnten dort „mal kurz“ hinfahren, tatsächlich braucht der Bus je nach Tageszeit sechs bis acht Stunden. Der Name verrät noch heute, dass hier in der Vergangenheit Diamanten abgebaut wurden.
Montagmorgen klingelte der Wecker um halb fünf, nach einer weckenden Tasse Kaffee geht es für uns zum großen Busbahnhof in Salvador. Dort steigen wir in einem bequemen Reisebus. Auf der Fahrt bekommen wir einen Eindruck vom Landesinneren. Nachdem wir Salvador hinter uns gelassen haben, fahren wir zunächst durch trockenes Weideland. Die Kühe und Ziegen weiden auf riesigen Faciendas, die zum Teil sehr kahlgefressen sind. Nach einer Pause an einer Raststätte, springt der Bus nicht wieder an. Wir befürchten, dass wir Stunden hier verbringen müssen und kaufen uns erstmal eine frische Ananas. Tatsächlich ist nach 10 Minuten der Mechaniker da, schließt das Relais des Anlassers kurz und es geht weiter. Umso näher wir Chapada Diamantina kommen, umso grüner wird es. Das Buschwerk wird immer höher und die Kühe fressen hier die Blätter von den Sträuchern. Schließlich beginnt der leuchtend grüne Wald. Hier ist gerade Regenzeit, in den frühen Morgenstunden regnet es kräftig. Tagsüber haben wir gelegentlich Bremer Sprüh, allerdings bei 25 bis 30 Grad.
Nach sieben Stunden Busfahrt erreichen wir Lencois mit etwas Verspätung. Die kleine Stadt ist Ausgangspunkt der meisten Touren in der Region. Es herrscht eine gemütliche Atmosphäre, die Häuser sind bunt bemalt und abends stehen überall in den kleinen Kopfsteinpflasterstraßen Tische vor den Restaurants. Die touristische Infrastruktur ist perfekt, von Internetzugang bis Trekkingbedarf gibt es hier alles was sich Reisende wünschen. Lencois bedeutet Laken, es gibt verschiedene Geschichten wie der Fluss zu seinem Namen gekommen ist. Vermutlich stammt er von dem Bettlaken, die im Fluss gewaschen wurden und dann zum Trocknen auf den Steinen ausgebreitet wurden. Das funktioniert heute noch ganz genauso.
Wie beziehen unser Zimmer in einer kleinen Pousada, es ist einfach aber nett und das Frühstück ist sehr lecker. Jeden Morgen gibt es etwas anderes, süßes Gebäck, Kuchen, Brötchen, gebratene oder gekochte Bananen, frisches Obst, Saft und Kaffee. Besonders haben uns die Pfannkuchen aus Tapioca, Maniokstärke, geschmeckt und nachdem Nobbi einmal ein Rührei gegessen hat, hat die Köchin ihm am nächsten Morgen gleich wieder eins gemacht.
Kurz nach unserer Ankunft steht gleich eine kleine Wanderung auf dem Programm. Unser Guide erzählt uns einiges über den Ort. Wir laufen am Rio Serrano entlang, dem Fluss, der durch Lencois fließt, und baden an verschiedenen Stellen. Die Löcher, die der Diamantenabbau hinterlassen hat, werden als Pools genutzt. Allerdings muss man wissen in welchen man entspannt baden kann, in einigen entstehen kräftige Strudel. An anderer Stelle baden wir in einem natürlichen Becken das der Fluss geformt hat und am Ende duschen wir noch unter einem Wasserfall. Die Landschaft entlang des Flusses ist schön. Wir klettern über große Steinplatten unter riesigen Felsbrocken hindurch und folgen kleinen Pfaden.
Die nächsten zwei Tage sind wir jeweils mit einer kleinen Gruppe unterwegs. An beiden Tagen haben wir Glück und treffen Brasilianer, die Englisch sprechen und Lust haben uns etwas über ihr Land zu erzählen. So bekommen wir Tipps wo wir hinfahren sollen, erfahren dass der Englischunterricht schlecht ist und dass man ein Problem hat, wenn man auf den einsamen Straßen eine Panne hat. Außerdem lernen wir vieles über das Rechtssystem, Politik und Korruption. In einem scheinen sich alle Brasilianer einig zu sein, ihren Politikern trauen sie nicht über den Weg.
Am Dienstag stehen Poco Encantada und Poco Azul auf dem Programm. Beides sind Grotten, die teilweise mit Wasser gefüllt sind und in beiden leuchtet das Wasser blau. In dem zweiten unterirdischen See dürfen wir baden. Nobbi ist schwer begeistert, dass er dafür eine Schwimmweste tragen muss. Trotzdem ist es schön, das Wasser ist ganz klar und die Sichtweite gigantisch. Während der Fahrt genießen wir grandiose Ausblicke, sehen viele Vögel, insbesondere viele Eulen, grau-beige Kühe und ganz viel grünen Wald. Unterwegs treffen wir einen alten Bekannten, wir queren mehrfach den Rio Paraguacu, den Fluss auf dem wir viele Nächte geankert haben.
Am Mittwoch machen wir morgens eine kleine Wanderung am Rio Mucugezihno bis zu einem Wasserfall. Entlang des Flusses treffen wir auf viele interessante Pflanzen, Vögel und Insekten. Gegen Mittag erreichen wir die Gruta da Lapa, eine große Höhle. Sie ist 27 km lang, wir begehen aber nur einen kleinen Abschnitt. Schon der riesige Eingang zur Höhle ist beeindruckend. Bewaffnet mit Taschenlampen machten wir uns auf dem Weg ins Dunkle und freuen uns an den schönen Strukturen, die Stalagmiten und Stalaktiten bilden. Nachmittags erreichen wir eine weitere kleine Grotte, die mit den blauleuchtenden vom Vortag aber nicht mithalten kann. Anschließend baden wir in einem Fluss mit ganz klarem, blauschimmernden Wasser. Auf dem Rückweg wollen wir vom Pai Inacio die Aussicht genießen, leider verschwindet der Berg gerade in einer Regenwolke.
Donnerstagvormittag haben wir noch ein paar Stunden Zeit in Lencois, spazieren durch den Ort und essen fantastisch in einem sehr einfachen und wenig vertrauenserweckenden Restaurant. Der Wirt fragt ob wir Fisch oder Fleisch essen möchten und verschwindet. Wenig später bringt er einen großen Salat, Nudeln, Reis, eine Schale mit gebratenem Rindfleisch und Zwiebeln, eine scharfe Paste aus Maniok, Bohnen und eine scharfe Soße. So steigen wir rundum gesättigt in den Bus nach Salvador, wo wir siebeneinhalb Stunden später eintreffen.
Uns hat Chapada Diamantina sehr gut gefallen. So gut, dass wir über eine Wiederholung während unserer nächsten Brasilienetappe nachdenken.