Gestern war nicht unser Tag. Eigentlich begann es schon Vorgestern Nachmittag. Da kam Wind auf als wir nachmittags von Land zurück zum Boot ruderten. Am frühen Abend hatten wir Böen zunächst Stärke 6 bis 7, schließlich 8. Immerhin kam der Wind mehr oder weniger aus einer Richtung, doch gemütlich ist was anderes. Der Wind um diese vulkanischen Inseln mit ihren Schluchten ist schwer vorhersagbar und mitunter sehr unangenehm. Das kennen wir schon von den Kanaren. Kurz vor Mitternacht ist der Spuk vorbei und wir haben eine ruhige Nacht.
Am nächsten Morgen beschließen wir einen kleinen Ausflug zu einem nur wenige Meilen südlich gelegene Strand zu machen. Der Wassermacher läuft und wir tüddeln gemütlich die Küste entlang, als wir plötzlich sehr dicht von einer anderen Yacht überholt werden. Unser Nachbar hat anscheinend das gleiche Ziel wie wir. Er fährt ein Ankermanöver was man wertfrei als „freestyle“ bezeichnen könnte und schmeißt erst mal 60 m Kette weg. Wir ankern nun auch.
Kurz darauf nimmt der Wind zu und fegt durch die Bucht. Die Anker der anderen Yacht slippt und sie kommen uns gefährlich nahe. Uns reicht es, wir gehen Anker auf und verlegen uns dichter ans Ufer und deutlich außer Reichweite des slippenden Ankers. Donkey wird von einer Böe erfasst und auf dem Kopf gedreht. Als unser Anker sich gut eingegraben hat, drehen wir Donkey wieder um und schöpfen ihn leer. Inzwischen erreichen die Böen 7 Windstärken und kommen mal von der einen, mal von der anderen Seite, so dass die Boote um ihre Anker herumtanzen. Unser Anker hält, aber unseren Badeausflug hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt. Dabei ist der Strand toll. Heller Sand und türkisenes Wasser, Basaltsäulen und kleine Höhlen bilden eine tolle Kulisse. Wir Schnorcheln ein wenig und freuen uns über das klare Wasser.
Schließlich entscheiden wir, dass wir nicht über Nacht hier bleiben wollen, sondern lieber wieder zu unserem alten Platz wechseln. Als wir Ankerauf gehen, sehe ich wie Nobbi das Relais der Ankerwinsch mit der Schraubenzieher überreden muss. Kaum ist der Anker an Bord, dreht der Wind Donkey wieder um. Während ich noch überlege, ob ein Schlauchboot jetzt besser wäre, kentert das Schlauchboot unsers Nachbarn samt Außenborder. Uns gelingt es Donkey zurückzudrehen und leer zu machen, leider nur kurz. Dann laufen die Wellen von hinten in unser kleines Boot. Wir versuchen Donkeys Zustand durch Verlängern der Schleppleine zu verbessern, doch es bringt nichts, wir müssen ihn aus dem Wasser holen. Ich sehe, dass sich einer der Pins, die die Sitzbank halten gelöst hat und habe Angst, dass wir gerade dabei sind unser geliebtes Beiboot kaputt zu machen. Inzwischen haben wir 7 Windstärken. Wir drehen bei, Donkey ist mittlerweile komplett vollgelaufen, aber zum Glück unsinkbar. Zu zweit schaffen wir es ihn aufs Vorschiff zu ziehen und dort anzubinden.
Gegen Wind und Strom machen wir nur 2,5 Knoten Fahrt. Na Prima. Der Blick auf die Insel ist fantastisch, doch die Muße ihn zu genießen gering. Der große Vulkankegel wacht über die Sao Nicolau und im Süden sieht man einen großen Krater. Die östlicheren Berge der Insel sind deutlich grüner als die westlichen. In der Abendsonne sehen wir auch zwei hoch gelegene Dörfer, die wir von unseren Ankerplatz hier nicht sehen können. Als wir uns Tarrafal nähern nimmt der Wind ab, wir sind wieder schneller und erreichen unseren Ankerplatz, an dem es fast windstill ist. Wir ankern wieder am alten Platz. Donkey kommt wieder ins Wasser. Wir haben zwei der Pins verloren mit denen die Bänke gesichert werden. Wir sind froh, dass wir nicht die Sitzbänke eingebüßt haben und nichts kaputt gegangen ist. Für einen Tag haben wir genug gelernt, wir kommen sicher nicht sobald wieder auf die Idee das Boot „mal eben“ hinterherzuziehen.
Heute Nacht um drei wachen wir bei absoluter Windstille auf, das Boot rollt leicht im Schwell hin und her, der Sternenhimmel ist grandios. Die einzig andere (bewohnte) Yacht die hier ankerte läuft aus (nachts um drei!). Jetzt liegt hier nur noch ein Dauerlieger (mutiger Platz, quasi mitten im Atlantik) und wir. Ich sehe eine ungewöhnlich helle Sternschnuppe und beschließe wieder in die Koje zu kriechen.
Heute lassen wir es gemütlich angehen. Wir können ohnehin nicht auschecken, es ist Sonntag. Da würde der Polizeichef nur ins Büro kommen, wenn es nicht anders geht. Es geht anders, wir haben ja Zeit. Der Aprikosenstreuselkuchen ist gerade fertig und ich habe heute bisher auch erst einmal gebadet.
