Tierische Begegnungen – Störche, Flamingos und Affen

Am Dienstag zieht es uns weiter. Die Wettervorhersage passt und Barbate ist kein Ort an dem wir unbedingt verweilen wollen. Da unser nächstes Ziel die Straße von Gibraltar ist, darf ein wenig gerechnet werden. Zwar ist der Tidenhub nicht groß, jedoch treten recht starke Strömungen auf. Die Strömung wird durch die Gezeiten, die vorherrschenden Wind und die Meeresspiegeldifferenz beeinflusst. Das Mittelmeer hat tatsächlich einen etwa eineinhalb Meter niedrigeren Meeresspiegel als der Atlantik. Die Strömungen ins Mittelmeer sind stärker als die heraus, im Moment passt uns das ganz gut, auf dem Rückweg dann weniger.
Wir starten etwas früher als wir ausgerechnet hatten und erschrecken zunächst als wir sehen, dass sich auch bei wenig Wind eine Welle in der Einfahrt nach Barbate bricht. Wir kommen unbeschadet aus dem Hafen, doch stellen fest, dass man hier leicht festsitzen kann, bei starken auflandigen Winden oder hohem Schwell ist das Auslaufen hier gefährlich. Zunächst segeln wir ganz gemütlich und freuen uns über das sonnige Wetter. Wir sehen einen Schwarm Störche, der nach Norden zieht. Die Sicht ist umwerfend gut, die Straße von Gibraltar ist schmal, an der engsten Stelle nur etwa 14 km breit und wir können die marokkanische Küste sehr gut zu sehen. Die Säulen des Herakles, die Berge, die die Straße begrenzen, bildeten in der Antike das Tor, das das Ende der bekannten Welt bezeichnete. Wind und Schwell nehmen zu und wir beschließen zu reffen.
Ich hatte gehofft, dass wir einen Wal treffen. Viele Segler fürchten Wale, weil eine Kollision für die Wale vermutlich schmerzhaft, für Segelboote jedoch nicht ungefährlich ist. Trotzdem würde ich gerne einen sehen. In der Seekarte steht eine Walwarnung und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 13 Knoten wegen der Wale, deshalb hatte ich mir Hoffnungen gemacht, allerdings ist zwischen April und August Walsaison. Einen Wal sehen wir heute nicht, haben jedoch eine andere zauberhafte tierische Begegnung. Ein Schwarm leuchtend rosa Flamingos zieht dicht an uns vorbei!
Pünktlich zu Hochwasser runden wir Tarifa, den südlichsten Punkt des europäischen Festlands, und sind im Mittelmeer. Der Strom schiebt uns nun gewaltig und wir rauschen mit über 8 Knoten auf Gibraltar zu. Den ganzen Tag haben wir die Großschifffahrt beobachtet, da die großen Schiffe jedoch alle einem festgelegten Weg folgen, brauchen wir uns um sie nicht zu kümmern, nur die Schnellfähren von und nach Marokko kreuzen unseren Weg. Dies ändert sich als wir in die Bucht von Gibraltar (die Spanier nennen sie Algeciras Bucht) einbiegen. Die Bucht ist eine Art riesige Schiffstankstelle. Zwar haben Gibraltar und Algeciras große Seehäfen, die meisten Schiffe kommen jedoch zum Tanken, 6000 sollen es jedes Jahr sein. Die Schiffe ankern in der Bucht und Bunkerboote, ihrerseits von der Größe seegängiger Tanker, bringen den Treibstoff. Das mit dem Ankern ist hier gar nicht so einfach, in der Mitte ist es 500 m tief, das ist auch für große Schiffe zu viel und so konzentrieren sich die Ankerlieger auf die Randbereiche der Bucht. Wir schlängeln uns zwischen den großen Schiffen hindurch und versuchen den Überblick zu behalten, wer liegt vor Anker, wer fährt noch, welche Bunkerboote legen gerade ab und was ist eigentlich mit der Fähre da vorne. Der Wind hat auf satte 6 Windstärken zugenommen und immer wieder bekommen wir starke Böen, zwischenzeitlich machen wir über 9 Knoten unter Segeln, geschoben vom starken Strom. Wir kommen in den Genuss der Düse für den die Ecke hier so bekannt ist. Der Wind wird durch die hohen Berge auf beiden Seiten, Afrika und Europa, stark beschleunigt. Was man auf Wetterkarten toll sehen kann, fühlen wir nun hautnah. Pünktlich bei Sonnenuntergang erreichen wir unsere Marina und liegen nun auf der spanischen Seite in La Linea de la Conceptión.
Am Mittwoch heißt es erst mal ankommen, Wäsche waschen und einkaufen. Das Wetter ist wieder schön, wir spazieren zur Touristeninformation und bekommen einen Plan von La Linea. Nachmittags machen wir einen Spaziergang nach Gibraltar. Von der Marina sind es nur ein paar Minuten bis zur Grenze, die vierspurige Straße führt über die Landebahn. Besonders die flugzeugaffinen Crewmitglieder freuen sich über den Spaziergang auf der Landebahn. Mit Gibraltar haben die Briten natürlich wieder einen ganzen Sack voller Sonderregelungen. Gibraltar gehört zur EU, aber nicht zum Schengenraum und nicht zum EU-Binnenmarkt. Alle Besucher müssen also ihren Pass vorzeigen und durch eine Zollkontrolle gehen. Viele Spanier, die in Gibraltar arbeiten haben Sonderausweise, trotzdem gibt es zur Feierabendzeit erhebliche Schlangen am Grenzübergang.
Nach unserem kurzen Spaziergang am Mittwoch wurde es Donnerstag Ernst, wir wollten auf dem Rock. 426 m ist er hoch, eine Seilbahn bringt einen nach oben. Sportliche Leute können da auch hoch laufen. Wir sind gelaufen, nicht (oder zumindest nicht nur) weil wir so sportlich sind, sondern weil ich mich nicht in eine Seilbahn setze, wenn es sich vermeiden lässt. Der recht anstrengende Fußmarsch hat sich gelohnt, wir waren auf den meisten Wegen allein unterwegs und der Ausblick ist gigantisch. Zuvor hatten wir gehört, der Eintritt in den Naturpark im oberen Teil des Felsens sei teuer. Das können wir nicht bestätigen, wir haben einen Euro bezahlt. Unsere Wanderung wurde dadurch etwas verlängert, dass Karte und Realität nicht immer übereinstimmten und das neue Schildersystem noch nicht fertig, das alte aber nicht mehr vollständig ist… Die Affen haben wir natürlich auch getroffen. Über den ersten, den wir gesehen haben, bin ich fast gestolpert und hab mich sehr erschreckt. Ein ganzes Rudel Berberaffen lebt auf dem Felsen, lässt sich von Rangern füttern, erschreckt Touristen und genießt die super Aussicht. Ein toller Tag war das, den wir heute ein bisschen in den Waden merken.
Heute hatten wir viel Wind und haben am Boot rumgetüddelt. Gestern haben wir vor unserem Ausflug noch einen kleinen Abstecher zum Schiffsausrüster gemacht und natürlich einiges gefunden von dem wir vorher nicht wussten, dass wir es brauchen, aber auch einige Dinge von unserer Liste streichen können. Das kleine Regal, dass wir gestern gekauft haben, habe ich heute gleich lackiert, während Nobbi unsere Bilgepumpe doch noch mal anders angebaut hat. Auch hat er das Boot mal wieder gewaschen, trotzdem wird es wohl noch etwas dauern bis wir den Saharasand wieder los sind und ich habe das erste Brot auf Marisol gebacken. Wegen des starken Windes haben wir Leinen über die Nachbarbox gespannt und uns gut festgestrickt. So können wir gut schlafen.
Morgen soll es mit Böen über 40 Knoten und Regen noch ungemütlicher werden als heute, das verspricht einen weiteren Basteltag. Ab Sonntag sieht das Wetter gemäß Vorhersage wieder angenehmer aus.