Guernsey!

Montagnachmittag sind wir aus Le Havre ausgelaufen und haben uns auf den Weg nach Cherbourg gemacht. Vor Le Havre war so viel Schiffsverkehr, dass wir leider gar nicht mitbekommen haben, als wir über den Null-Meridian gesegelt sind. Wir sind jetzt also im Westen.
Wir sind nachmittags ausgelaufen, hatten dann zunächst Gegenstrom und wurden später von der Tide ums Cap Levi in Richtung Cherbourg geschoben. Es ist schon etwas unheimlich wenn man mit 10 kn und 30 Grad Abdrift durch die Nacht rauscht. Mal wieder fehlte eine wichtige Tonne, die wurde eingezogen, haben wir an einem Aushang in Cherbourg gelesen. Außerdem fehlte der wichtigste Leuchtturm in unseren Navionics Karten. Das Leuchtfeuer von Barfleur ist ein 77 m hoher Leuchtturm mit einer Tragweite von 24 Seemeilen und hat uns die ganze Nacht begleitet. Das Einlaufen nach Cherbourg mitten in der Nacht war wieder aufregend, das Hafengebiet ist groß, es gibt einen Fähr- und Handelshafen und größere Teile des Hafens gehören der Marine und sind für Yachten gesperrt. Die Besucherstege waren nicht sehr voll, so haben wir schnell einen Platz gefunden und haben schließlich um halb vier festgemacht.
Heute sollte es nun weiter gehen auf die Kanalinseln, genauer gesagt nach Guernsey. Während man auf der Ostsee in den meisten Fällen einfach lossegelt, wenn man mit dem Frühstück fertig ist, war für diesen Abschnitt ein wenig Planung nötig. Zwischen Alderney und dem Cap de la Hague liegt das Alderney Race. Die Strömungen hier sind berüchtigt, ebenso wie die umliegenden Felsen. In Cherbourg haben wir eine Schweizer Yacht kennengelernt, die an dieser Ecke vor einer Woche ihren Mast verloren hat. Man möchte bei slack water, also bei Stillwasser, am Cap sein, um dann mit einsetzendem Strom nach Südwesten geschoben zu werden. Die Strömungskarten beziehen sich aufs Hochwasser in Dover, also muss man raussuchen wann Dover Hochwasser hat, dann weiß man, wann man am Cap sein muss. Wenn man jetzt rückwärts rechnet, weiß man wann man auslaufen will und wenn man aufgepasst hat, hat man das Ganze auch noch in MESZ umgerechnet. Das Wetter war sonnig und die Landschaft am Cap im Fernglas sehr schön, nur die Atommüllaufbereitungsanlage stört das Auge ein wenig. Es hat perfekt funktioniert, wir sind mit neun Knoten ums Cap gerauscht, dann wurde der Strom geringer, um uns etwas später Richtung Guernsey zu schieben. Kurz vor Guernsey wurde es nochmal spannend, im kleinen Rüssel, der Durchfahrt zwischen Herm und Guernsey wurden wir fast 10 Kn schnell und damit viel zu früh in St. Peter Port. Kurz hinter den gewaltigen Molenköpfen wurden wir schon von einem Marinabediensteten im Schlauchboot empfangen, der uns fragte wo wir liegen und wie lange wir bleiben möchten und dabei die Einklarierungsformulare im Plastikbeutel zu uns an Bord warf. Die Kreditkarte für die Hafengebühren konnte er natürlich auch nebenbei entgegennehmen und online mit seinem Tablet sofort abbuchen. Perfekt – so macht man Kunden glücklich, zumal wir damit bereits alle Zugang-Codes inklusive WIFI erhielten. Da wir kurz nach Niedrigwasser ankamen, konnten wir noch nicht in die Marina einlaufen. Die Häfen sind hier oft gegen „leerlaufen“ durch eine Schwelle geschützt, also haben wir am waiting pontoon festgemacht und die Zeit genutzt, um in der Sonne im Cockpit sitzend Mittag zu essen. Interessiert haben wir dabei das Treiben um uns herum betrachtet, vor allem das Einlaufmanöver der riesigen Fähre, die sich gefährlich zwischen die Ankerlieger drängend rückwärts drehend an die Mole bewegte. Als das auflaufende Wasser in 2 Stunden fast 3 Meter ! gestiegen war konnten wir uns in den Hafen verlegen. Tidenhub in St. Peter Port war heute nämlich 7,2 Meter!
Wir sind jetzt aus der EU ausgereist und mussten also hier einklarieren. Nobbi hat unser Zollformular ausgefüllt und in einen gelben Briefkasten geworfen. Die Kanalinseln gehören zwar zu Großbritannien, aber nicht zur EU (England ja bald auch nicht mehr). Hier gilt die Englische Zeit, also eine Stunde zurück, das britische Pfund (hier gibt es zwar ein Inselpfund, aber es kann auch mit dem Britischen bezahlt werden) und die Autos fahren auf der falschen Seite. Morgen schauen wir uns die Insel genauer an, heute hat es nur noch für einen Spaziergang durch die Altstadt und um den Hafen gereicht.