Nach unserem Unfall am 19. Oktober sind wir einerseits froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist aber doch betroffen, dass es ausgerechnet unsere Hydrovane erwischt hat. Sofort haben wir die kaputte Anlage gesichert. Am nächsten Tag (Tag 1 nach dem Unfall) bauen wir die beschädigte Windsteuerung ab, machen eine Bestandsaufnahme und schreiben eine Mail an Hydrovane. Einige Mails gehen hin und her. Zum Glück melden sie sich sofort. Wir brauchen einen neuen „main frame“, in diesem Gehäuse ist die Steuereinheit aufgehängt, die Windfahne und Ruder verbindet. Das benötige Ersatzteil ist lieferbar. Einige Schrauben wurden von imperial auf metrisch umgestellt, wir bekommen zusätzlich metrische Bolzen und Schrauben, damit es da keine Probleme gibt. Die Kommunikation ist etwas mühsam. Das Büro von Hydrovane ist an Kanadas Westküste, die Produktion sitzt in England und wir sind in Neukaledonien. Eleganter kann man sich kaum über den Globus verteilen. Mindestens bei einer Partei ist immer Nacht oder Wochenende. Endlich bekommen wir die Rechnung (Tag 6), überweisen sofort und freuen uns, dass das Paket nun bald, wenn das Geld eingegangen ist, verschickt werden kann. Trotz aller Hürden, denn wir ankern weit von Nouméa entfernt, haben nur ein kleines Datenvolumen mit wenig Guthaben (Telefongespräche ist Ausland sind nicht billig) und unsere deutschen Telefone funktionieren hier gar nicht (keine Verträge mit dem Netzanbieter) sind wir froh, das Problem so schnell in den Griff bekommen zu haben.



Nach ein paar Tagen wundern wir uns, dass wir noch keine Trackingnummer haben und fragen bei Hydrovane nach. Unser Geld ist noch gar nicht angekommen. Am 3. November (Tag 15 nach dem Unfall) rufen wir das erste Mal unsere Bank an. Die Mitarbeiterin ist freundlich und gut geschult. Eine Euro-Auslandsüberweisung in einer Nicht-EU Land (GB), sollte schnell gehen, könnte aber schon 4 bis 5 Tage dauern.
Die Tage gehen dahin, wir bitten Hydrovane noch mal nachzuschauen, ob das Geld nicht inzwischen angekommen ist. Inzwischen kommunizieren wir bei Hydrovane direkt mit der Dame aus der Rechnungsabteilung. Sie ist sich sicher, das Geld ist nicht da. Am 9. November (Tag 21) rufen wir wieder unsere Bank an. Die Dame ist sehr freundlich, aber wir fühlen uns nicht erst genommen, als sie uns erklärt, Auslandsüberweisungen könnten schon mal 10 Tage dauern. Sie lässt sich überzeugen, dass es nicht normal ist, dass das Geld irgendwo verschwindet und richtet einen Suchauftrag ein.
Es passiert nichts, das Geld taucht nicht bei Hydrovane auf und wir hören nichts von unserer Bank. Um das Ganze ein bisschen interessanter zu gestalten kann Nobbi zwischenzeitlich nicht mehr auf sein Konto zugreifen.
An Tag 27 rufen wir wieder bei unserer Bank an. Diesmal hat Nobbi keine freundliche Mitarbeiterin am Telefon, die wenigstens so tut, als würde sie da jetzt aktiv werden, sondern einen einigermaßen unfreundlichen Mitarbeiter. Er Nobbi erklärt „es sei eben Fachkräftemangel, da könne man nicht erwarten, dass sich um unser kleines Anliegen schon jetzt gekümmert würde“. Niemand hätte sich damit bisher beschäftigt, wann das der Fall sei wisse er auch nicht. Nach einem interessanten Wortwechsel, in dessen Verlauf Nobbi dem Mitarbeiter erklärt, dass er es bemerkenswert fände, dass ein Bankmitarbeiter die Ansicht vertritt, es sei normal das 1000 Euro einfach verschwinden. Nach dem unerfreulichen Telefonat sind wir kein bisschen schlauer. Es ist nicht so einfach Nobbi so richtig wütend zu machen. Aber jetzt ist Schluss. Die Bank bekommt Beschwerde Emails auf allen verfügbaren Kanälen und ganz analoge Brief-Post. Das Familiennetzwerk druckt den Brief aus und wirft ihn ein. Nun kommt Bewegung in die Sache. Nobbi bekommt eine Email. Die Empfängerbank hat lauter Fragen und deshalb die Zahlung nicht weitergeleitet. Seit wann die Anfrage wohl vorliegt, wir werden es nie erfahren. Die offenen Punkte sind leicht zu klären: Ist Marisol ein Handelsschiff? Hat es eine IMO Nummer? Welcher Heimathafen? Sollen die Teile nach Afghanistan oder Iran ausgeführt werden?
Kurz darauf meldet sich Hydrovane. Sie haben das Geld erhalten. Inzwischen haben wir unsere Rechnung ein zweites Mal bezahlt. Mit Kreditkarte in US Dollar. Sie buchen uns das Geld zurück. Auf den Kreditkartengebühren von fast 40 Dollar bleiben wir sitzen. Nachdem Theater ist für uns klar, das nächste Mal werden wir auf eine Kreditkartenzahlung bestehen, auch wenn Hydrovane die Zahlung per Überweisung vorzieht.
Endlich ist unser Paket unterwegs. Am 25. November (Tag 37) verlässt unser Paket Nottingham und macht eine interessante Reise (Reiseanbieter ist FedEx). Nottingham – Feltham – Stansted – Paris (26.11.) – weiter geht’s nach Indien, New Delhi (27.11) – China, Guangzhou – Singapur (28.11) – und erreicht am 29.11. schließlich Matraville bei Sydney. Bis nach Australien ging es also wirklich schnell. Jetzt wird es mühsam, unser Paket macht einen längeren Australienurlaub und trifft am 7.12. schließlich in Nouméa ein.
Am 8. Dezember (Tag 50) taucht in der Nachverfolgung ein neuer Status auf: Verspätet „due to clearance reasons”. Unsere Sendung ist anscheinend beim Zoll. Nun passiert erstmal nichts, dann bekommen wir eine Mail, nicht etwa von FedEx, sondern von einem Agenten. Wir sollen Zollpapiere ausfüllen. Entweder füllen wir die Papiere aus und schicken sie an die Agentur, Preisliste liegt bei, oder wir gehen selbst ins FedEx-Büro. Alles natürlich auf Französisch. Wir hängen zu diesem Zeitpunkt gerade an einer Boje vor einer kleinen Insel in der Lagune und müssen erst nach Nouméa zurückfahren.
Am Freitag den 16. Dezember laufen wir morgens zu FedEx. Dort füllen wir die Zollerklärung aus und geben auch eine Kopie unseres Zollpapiers fürs Boot ab, denn so ein Ersatzteil erfüllt eigentlich eindeutig die „Yacht in Transit“ Bedingungen und ist damit zollfrei. Dann ist erst mal Wochenende. Am Montag bekommen wir wieder eine französische Email der Agentur, die quasi FedEx entspricht (gleiches Büro, gleiche Mitarbeiter). Wir können unser Paket abholen. Die Mail kommt um 16.45, das Büro schließt um 17 Uhr.
Am nächsten Tag laufen wir wieder zu Fedex, bezahlen einen kleinen Betrag Zoll. Warum wir worauf jetzt Zoll bezahlen, verstehen wir nicht so ganz. Vielleicht auf den Versand? Die Zollpapiere bekommen wir per Mail, immerhin acht Seiten. Inzwischen ist uns das auch alles ziemlich egal.
Endlich bekommen wir unser Paket ausgehändigt und schleppen es nach Hause. Übrigens, wir hätten auch vereinbaren können, dass es uns in den nächsten Tagen geliefert wird… Als wir wieder an Bord sind erhalten wir eine Email von FedEx, dass unsere Lieferung wurde zugestellt wurde. So könnte man das auch beschreiben. Inzwischen sind 62 Tage seit unserem Unfall vergangen.
Zusammengefasst: Die Lieferung ist nach 3,5 Wochen eingetroffen. Das war ein Express Versand mit FedEx für 300 Euro. Dreieinhalb Wochen nach Neukaledonien ist gar kein schlechter Wert. Wir kennen unendlich viele Geschichten von Paketen, die irgendwo im Zoll hängenbleiben, die eine Weltreise machen und dann wieder in Deutschland auftauchen, die verschwinden oder nach Monaten doch noch ausgeliefert werden. Seit der Pandemie (die Dauerentschuldigung in vielen Bereichen) ist es noch schlimmer geworden. Manchmal läuft es auch super. 2019 haben wir ein Paket nach Neuseeland bekommen. 3 Tage von SVB (Bremen) nach Opua!
Wir bauen die Windsteueranlage wieder zusammen. Alles passt perfekt. Wir wollen erwähnen, dass wir sehr zufrieden mit der Kommunikation des Hydrovane-Teams waren, Fragen wurden schnell beantwortet und die Lieferung wurde auch von ihrer Seite verfolgt.
Inzwischen haben wir uns die gebrochene Anlage schweißen lassen. Obwohl wir mehrfach gehört hatten, Aluguss könne man nicht schweißen. Charly hat ganze Arbeit geleistet, die Teile perfekt aufeinander gesetzt und nachbearbeitet, so dass sogar die Bolzen in die gebrochenen Gewinde passen. Welche Festigkeit das Teil hat? Das können wir nicht sagen, denn natürlich konnte der Riss nur von außen geschweißt werden. Im Notfall hätten wir mit dieser Reparatur die Überfahrt nach Australien gewagt. Für uns fühlte es sich gut an, eine Alternative zu haben, während etwas unklar war, ob es hier nun mit dem Liegeplatz klappt.

Weihnachten waren wir segeln. Einfach so, zum Spaß. Das Wetter war viel segelbarer als angenommen, denn es sah erst so aus, als wäre gar kein Wind. Also haben wir die Gelegenheit genutzt, Ruder und Windfahne angebaut und die Hydrovane-Anlage getestet. Unsere „Ursel“ steuert hervorragend, genau wie wir es kennen. Wir sind sehr glücklich, damit ist das Team wieder komplett!

