Wenn ich noch länger mit dem nächsten Blogeintrag warte, kann ich ihn „Warten auf Weihnachten“ nennen. Das möchte ich nicht. Es ist Zeit für eine Wasserstandsmeldung.
Leider gibt es noch immer nichts Neues aus Neuseeland, es ist nicht absehbar, wann wir wieder zu unserer Marisol dürfen. Wir versuchen die Zeit, die wir unfreiwillig hier verbringen, schön zu gestalten. Der Frühling, den wir im Februar noch so sehr vermisst haben, ist schließlich doch noch gekommen und inzwischen ist der Sommer auf unserem Balkon eingezogen. Bei gutem Wetter freuen wir uns über die Nähe zum Badesee. Für mich dürfte der Sommer gerne etwas wärmer und trockener sein, bei einem Blick auf Dürren, Überschwemmungen und Brände möchte ich mich aber nicht über den etwas durchwachsenen Sommer beschweren.
Bei unseren Ausflügen in die nähere Umgebung stellen wir immer wieder fest, dass wir es hier schön haben. Es gibt immer noch Wanderungen und Fahrradtouren, die darauf warten, dass wir sie unternehmen. Zum Glück ist es ist wieder möglich Freunde zu treffen und Museen zu besuchen. Ende Juli waren wir ein paar Tage an der Mosel und durften Gäste auf einer sehr schönen Hochzeit sein. Das erste Fest seit über einem Jahr!
Seit Anfang des Jahres arbeite ich hier in Bremen beim Impfteam und habe meine Heimatstadt dadurch von einer ganz neuen Seite kennengelernt. In kleinen Teams waren wir in der ganzen Stadt unterwegs. Meine Aufgabe ist dabei der Papierkram.
In den ersten Wochen haben wir Altenheime besucht. Ich glaube, jeder von uns hat jetzt genaue Vorstellungen davon, wo er später nicht untergebracht werden möchte. Es folgten sehr viele Personalimpfungen in Krankenhäusern und dann waren wir in den unterschiedlichsten Einrichtungen, das fand ich sehr interessant. Geimpft wurden zum Beispiel Obdachlose, Menschen in Einrichtungen für psychisch Kranke und in Beratungsstellen, aber auch Geflüchtete. Mit dem Impfteam war ich sogar in der JVA. Privat möchte ich dort keine Einblicke erhalten und fand es deshalb umso interessanter ein Gefängnis einmal live zu erleben.
Die Zeit im mobilen Team war sehr abwechslungsreich. Wir haben viele rührende, manchmal auch traurige, Geschichten erlebt, vor allem aber sehr viele lustige Situationen. Außerdem habe ich in einer Zeit, in der viele von uns wenige Kontakte hatten oder sogar regelrecht isoliert gelebt haben, viele Menschen kennengelernt und vielleicht sogar neue Freunde gefunden.
Im Juni hörten die mobilen Einsätze langsam auf und wir haben seitdem hauptsächlich im Impfzentrum gearbeitet. Dort ist die Arbeit viel monotoner und recht langweilig. Abwechslung bringen die Stadtteilimpfungen und die Tage mit den Impf-Trucks. Ein absolutes Highlight sind auf jeden Fall die Impfungen auf Handelsschiffen, so habe ich Gelegenheit mal wieder etwas Seeluft zu schnuppern.
Egal, wie schön wir es uns hier machen, so quälend ist es doch, dass die Perspektive fehlt. Das Heimweh nach unserer Marisol ist groß.

