Eigentlich wollten wir in knapp einer Woche wieder nach Neuseeland fliegen, zurück zu unserer Mari. Dieses letzte Bremen-Wochenende sollte gefüllt sein mit Frühstücksverabredungen mit Freunden, mit Mädelsabenden, mit einem letzten Hamburg-Besuch.
Eine Kiste mit Ersatzteilen, neuen Bikinis, Mückenspray und all den anderen Dingen, die auf ihren Einsatz in einer neuen Pazifiksaison warten steht bereit. Die Kiste wird noch etwas warten müssen, gemeinsam mit uns.
Das Virus hat unseren ganzen Planeten im Griff und damit auch die Segelwelt. Wir müssen uns nicht entscheiden, für uns ist die Lage ganz einfach. Mal abgesehen davon, dass unsere Flüge annulliert wurden, dürfen wir nicht nach Neuseeland einreisen (und natürlich auch in kein anderes Land auf der geplanten Route).
Uns geht es gut. Wir sind froh, dass wir eine Wohnung in Bremen haben, dass wir zusammen sind und, dass wir gesund sind. Marisol liegt in Opua und ist dort sicher und legal untergebracht. Die Situation vieler Segelfreunde ist nicht so komfortabel. Da laufen Visa aus, die Weiterreise in die Nachbarländer ist jedoch nicht möglich, oder der Ankerplatz ist bei Wetteränderungen unsicher, es ist jedoch verboten das Boot zu bewegen. Freunde können weder zurück zu ihrem Boot, ihrem Zuhause, noch nach Deutschland. Andere sind mit leichtem Gepäck auf Heimatbesuch, haben keine Unterkunft und kommen nicht zurück zum Boot. Wieder andere wurden von ihrem Partner getrennt, der eine ist beim Boot, der andere irgendwo in Europa. Manch einer ist vor Wochen losgesegelt und darf bei Ankunft nicht mehr einreisen. Niemand möchte jedoch mit denen tauschen, die schwer krank sind oder um das Leben ihrer Angehörigen bangen.
Zum Glück ist das Wetter so fantastisch. Seit Tagen scheint die Sonne, Büsche und Bäume haben bereits diesen grünen Schimmer, der den nahenden Frühling ankündigt, die Vögel singen um die Wette, die ersten Blumen blühen. Jeden Tag unternehmen wir einen langen Spaziergang und freuen uns darüber wie schön unsere direkte Umgebung ist. Die Störche sind inzwischen weiter gezogen, aber Reiher, Gänse und eine Vielzahl unterschiedlicher Enten sehen wir immer. Mehrere Greifvogelarten machen den Mäusen das Leben im Werderland schwer, Fasane bewohnen das Lesumufer und auf Möwen müssen wir auch nicht verzichten. Unsere Lieblingstiere sind jedoch die Bisams. Bisamratten sind keine Ratten, sondern der größte Vertreter der Wühlmäuse. Sie können bis zu 70 cm groß werden und sind schnelle Schwimmer. Seit einer Woche sehen wir sie fast jeden Tag und können uns gar nicht satt sehen an den putzigen Tieren.
Der Alltag sieht bei uns genauso aus wie bei vielen anderen. Wir haben viel Zeit zu lesen, backen Kuchen, erledigen liegengebliebene Kleinigkeiten und sortieren Reisebilder. In Neuseeland haben wir begonnen Indonesisch zu lernen, unser Wortschatz wächst dank viel freier Zeit und wir freuen uns schon darauf unsere Kenntnisse in freier Wildbahn ausprobieren zu können. Vielleicht werde ich nun zum ersten Mal einen Revierführer lesen bevor wir lossegeln. Und vielleicht schaffe ich es sogar den Blog auf den neusten Stand zu bringen.