Die Aranui kommt

Die Marquesas sind schon ziemlich abgelegen. Amazon Prime gibt es hier nicht. Abgesehen von den landwirtschaftlichen Produkten, die hier auf der Insel angebaut werden, kommen alle Waren mit dem Versorgungsschiff oder mit dem Flugzeug. Auf der Wurst im Supermarkt kleben kleine Aufkleber „Par Avion“, Lieferung per Flugzeug.
Anfang der Woche war die Aranui 5 hier und hat Inselbewohner und Segler beschäftigt. Die Aranui 5 ist 126 m lang, sieht von vorne aus wie ein Containerschiff und von achtern wie die AIDA. Sie kommt von Tahiti und besucht die Inseln der Marquesas, Bora Bora und gelegentlich auch Pitcairn und Gambiers. Im vorderen Teil des Schiffs werden Container und Fracht gefahren, im hinteren Teil befinden sich die 100 Kabinen für bis zu 250 Passagiere. Frau Google verrät, dass eine 12-tägige Reise von und nach Tahiti etwa 2500 Euro kostet. Für die kleine Bucht von Atuona ist die Aranui ganz schön lang, entsprechend spektakulär ist das Anlegemanöver. Als nachts um halb vier der Anker ins Hafenbecken fällt und das Schiff an der Pier festmacht, stecken fast alle Segler ihre Köpfe aus den Schiebeluks um sich das Schauspiel anzusehen und zu kontrollieren ob ihre Anker halten. Das Schraubenwasser der Aranui sorgt für Unruhe im Hafenbecken. Immer wenn ein Schiff kommt, müssen die Segler im hinteren Teil der Bucht hinter einer „gelben“ Linie liegen. Dadurch wird es recht eng in der Bucht. Eine Crew, deren Boot in der Einfahrt liegt wird von einem Klopfen am Rumpf geweckt und gebeten Platz zu machen. Am Tag nach Aranui kommt ein weiteres Versorgungsschiff und weiterhin ist es kuschelig voll in der Bucht.
Als wir von Land zurückkommen, haben wir einen neuen Nachbar. Das Boot liegt so dicht neben uns, dass die Besitzer schon mal einen Fender rausgehängt haben. Das ist uns zu dicht. Wir bitten sie etwas mehr Abstand zu halten. Sie verlegen sich halbherzig ein paar Meter und düsen dann mit dem Beiboot an Land. Wir sind auf einem anderen Boot zum Sundowner eingeladen und machen uns ebenfalls bei Anbruch der Dunkelheit auf den Weg. Als wir nach einem lustigen Abend zurück an Bord kommen, liegt unser Nachbar nur noch 20 cm von uns entfernt. Der Wind kommt von achtern und sein Heckanker hat nicht gehalten. Die nächsten eineinhalb Stunden verbringen wir damit das Schiff mit dem Boothaken auf Abstand zuhalten. Es ist viel größer und schwerer als Mari und wir bezweifeln, dass unser Anker beide Boote halten würde. Schließlich kehren die Besitzer zurück, bringen ihren Heckanker erneut aus und wir können ruhig schlafen. Am nächsten Tag finden wir eine Flasche Weißwein als Entschuldigung in unserem Cockpit. Wer kann da böse sein? Wir alle sind froh, dass der Wind so schwach blies und beide Schiffe unbeschädigt geblieben sind. In den nächsten Tagen wird kein Schiff erwartet, die Situation am Ankerplatz entspannt sich wieder.

Überall trifft man freundliche Hühner, stolze Hähne und flauschige Küken. Sie erklimmen laut gackernd steile Felsen, picken mit Vorliebe heruntergefallene Mangos an und wuseln beim Abladen der Schiffe zwischen Menschen und Autos herum.
Das tierische Highlight bilden jedoch die Mantas! Schon zweimal waren sie morgens zu sehen. Direkt an der Küste schwimmen sie dicht unter der Oberfläche ihre Kreise und sehen aus wie Ufos aus einer anderen Welt, die das Wasser wie riesige Staubsauger durchpflügen. Elf Tiere konnten wir über Stunden beobachten.
Wir haben eine kleine schöne Wanderung unternommen, die uns vor allem zwischen kleinen Gärten hindurch und entlang der Küste geführt hat. Im Gaugin-Museum sind zwar ausschließlich Kopien ausgestellt, trotzdem ist es interessant. Wann hat man schon Gelegenheit das komplette Werk eines Künstlers zu sehen? Ansonsten widmen wir uns dem regen Sozialleben am Ankerplatz. Picnic, Kaffee trinken oder Sundowner auf verschiedenen Schiffen bzw. an Land in wechselnder Besetzung, außerdem Schnack auf dem Dinghisteg oder ein gemeinsamer Spaziergang zum Einkaufen sorgen für Unterhaltung.
Zwischendurch haben wir uns dem Alltag getreu des Mottos „Langfahrtsegeln ist Hausarbeit an den schönsten Plätzen der Welt“ gewidmet. Es ist wieder einigermaßen sauber und gelüftet bei uns, die Wäsche liegt frisch gewaschen und duftend wieder im Schrank, wir haben eingekauft, Diesel getankt und Maris Rumpf geputzt. Wie bei allen Booten die hier ankommen, war unser Rumpf unglaublich dreckig. Neben einer netten Population Entenmuscheln, gab es einen braunen Schmier und gelbe Flecken. Nun ist sie wieder hübsch, den Feinschliff erledigen wir in einer Bucht mit Badewasser. Hier ist es recht trüb und lädt nicht zum Baden ein. Nobbi war beim Friseur. Eine sehr nette Dame verpasst ihm einen guten Haarschnitt im mit Abstand schönsten Friseursalon unserer Reise. Auch unser Französisch macht Fortschritte, Nobbi unterhält sich mit dem Maschinisten der kleinen Fähre, kann sein Essen auf Französisch bestellen und übersetzt für mich, dass das Mehl, das wir gekauft haben einen anti-Grummel-Effekt hat.
Natürlich waren wir auch bei der Post, um unseren Brief nach Tahiti abzugeben. Der Zoll in Tahiti bekommt unsere Daten zwar elektronisch übermittelt, zusätzlich aber eben per Post und diesen Brief mussten wir selbst bei der Post abgeben. Natürlich haben wir bei dieser Gelegenheit auch Briefmarken für die Postkarte nach Deutschland gekauft, mit der der beste Tipp unserer Ankunftszeit belohnt wird. Die meisten haben auf eine deutliche frühere Ankunft um den 10. Mai getippt, selbst nach Korrektur (wir sind später losgesegelt als geplant) war das doch ein wenig optimistisch. Nicola, meine Mama, lag mit ihrer Vorhersage unserer Ankunftszeit jedoch nur zwei Stunden daneben. Sie bekommt die Postkarte von Hiva Oa.