Zwei Kaps auf einen Streich

Donnerstagmorgen klingelt der Wecker um fünf. Um sechs lösen wir die Leinen und motoren aus dem Hafen von Mossel Bay. 250 Meilen und zwei berühmte Kaps trennen uns von Kapstadt. Zunächst weht der Wind noch schwach aus West, dreht aber wie vorhergesagt über Südwest auf Süd und später auf Südost.
Diese Etappe ist in jeder Hinsicht sehr abwechslungsreich. Der Wind nimmt zu und in der Nacht von Donnerstag auf Freitag schiebt er uns mit sechs bis sieben Beaufort voran. Als wir das Kap Agulhas, den südlichsten Punkt Afrikas runden, ist der Seegang hoch und einige Böen erreichen acht Windstärken. Wir feiern, dass wir nun wieder im Atlantik segeln. Der Indische Ozean liegt endgültig hinter uns. Der Atlantik zeigt sich gleich von seiner besten Seite. Der Wind nimmt ab, bei strahlend blauem Himmel und gemütlichem Segelwind, gönnen wir uns eine ausgiebige Dusche im Cockpit. Kurz vorm Kap der Guten Hoffnung schläft der Wind ein, um dann von vorne zukommen, schließlich wieder auf Süd zu drehen und wieder einzuschlafen. Mal segeln wir, mal muss der Motor ran. Das Kap der Guten Hoffnung passieren wir am Freitagabend.
Später in der Nacht wird es bitterkalt und wir stecken plötzlich mitten im Nebel. Der Nebel ist so dicht, dass wir kaum den Bug unseres eigenen Bootes sehen können. Es ist sehr unheimlich. Gespenstisch wabert der Nebel um uns herum, mal wird es heller, mal dichter, dann sehen wir ein Stück der Wasseroberfläche. Ich kann mir nun vorstellen, wie Menschen im Nebel verloren gehen. Hatte das Wasser auf der Ostseite des Kap Agulhas, also im Indischen Ozean, eine Temperatur von 22 Grad, ist es hier sehr viel kälter. Wir messen 11 Grad! Schuld ist der Benguela Strom, der kaltes Wasser aus dem Süden entlang der afrikanischen Westküste nach Norden transportiert.

Auf keiner anderen Etappe haben wir so viele Tiere gesehen. Seebären grüßen uns, Albatrosse fliegen bei Kap Agulhas Schleifen um uns und zwischen Kap Agulhas und Kap der Guten Hoffnung sichten wir immer wieder große Wale (vermutliche Brydewale?). Manchmal sind sie nur wenige Meter vom Boot entfernt. Tausende von Seevögeln begleiten uns, schwarze Sturmmöwen, Tölpel, Seeschwalben und Möwen. Unter Deck suche ich nach der Quelle eines piepsenden Geräusches, als Nobbi von draußen nach mir ruft. Das Piepen kommt von einem Orca! Zweimal schwimmt er ganz dicht unter unserem Heck und dreht sich auf den Rücken, dann zieht er davon. Kurz vor Kapstadt springen hunderte von Delfinen aus dem Wasser und kurz vor der Einfahrt in den Hafen paddelt dann doch tatsächlich eine Vierergruppe Pinguine vorbei. Unglaublich, wir fühlen uns beschenkt.

Als sich der Nebel schließlich verzieht und Nobbi sich gerade hinlegen will, hören wir ein ungutes „Krrgs“. Kurz darauf ertönt ein weiteres „Krrgs“. Wir stoppen die Maschine. Hängt etwas in der Schraube? Wir geben rückwärts und wieder vorwärts. Leider stellen wir fest, dass wir kaum noch Vortrieb haben. Die Welle dreht sich, aber wir kommen kaum voran, geben wir mehr Gas, werden wir nicht schneller.
Mit sehr wenig Wind segeln wir bis zur Hafeneinfahrt. Am frühen Morgen telefonieren wir mit einem Freund, der aus seiner Wohnung in Kapstadt auf den Hafen schauen kann. Er macht uns Mut einfach in den Hafen zu segeln. Dieser Plan kommt erst ins Wanken, als ein Kreuzfahrtschiff nach den Windbedingungen im Hafenbecken fragt. Der Wind kommt nun genau von vorne. Wir drehen das Boot in den Wind und stellen fest, dass wir gegen den Wind gar nicht vorankommen. Die Idee Aufzukreuzen verwerfen wir wegen des vielen Verkehrs. Wir rufen die Seenotretter an, erklären, dass wir keinen Notfall haben, aber Hilfe gebrauchen könnten. Das Abschleppen verläuft dann extrem freundlich und äußerst professionell. Unsere Retter kommen mit dem großen Boot und sieben Leuten. Sie nutzen die Gelegenheit zu einer Übung und wir werden ganz sanft am Steg der Marina abgesetzt. Wir sind sehr dankbar für den Einsatz des NSRI (National Sea Rescue Institute) und beeindruckt von der Professionalität und Freundlichkeit. Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt.
Nun liegen wir am Steg des Royal Cape Yacht Club mit Blick auf den Tafelberg. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, unsere Ankunft wurde beobachtet. Der Sohn eines befreundeten Amateurfunkers hat uns vom Lions Head, einem Berg am Meer, gesehen und kommt später im Yacht Club vorbei, um uns eine Flasche Sekt zu schenken. Was für ein herzliches Willkommen!
Diese Etappe war etwas aufregender als nötig. Wir sind völlig übermüdet, aber sehr froh heil um die Kaps gekommen zu sein.

Ruhiges Wetter am Abend des ersten Tages.
Es wird frisch. Ich trage nicht nur Mütze und Schal, sondern auch Strümpfe!
Ein Containerschiff vorm Kap Agulhas. Wir müssen gut aufpassen, hier ist viel Verkehr. Alle „Großen“ weichen uns bereitwillig aus.
Das Kap der Guten Hoffnung.
Albatrosse fliegen Schleifen um uns.
Der Wind lässt nach, doch die Wellen sind hoch.
Hallo!? Was macht ihr denn hier?
Einfach abhängen und den Bauch in die Sonne halten.
Seltener Besuch! Ein Orca kommt ganz dicht ans Boot.
Die Zwölf Apostel und der Lions Head am frühen Morgen.
Der Rettungskreuzer rauscht heran.
Die Leinenverbindung wird hergestellt.
Nobbi belegt die Schlepptrosse auf dem Vorschiff.
Wir werden in den Hafen geschleppt.
Liegeplatz im RCYC mit Blick auf den Tafelberg.