Flauer Indischer Ozean

Delfine! Eine große Gruppe von etwa 30 Tieren begleitet uns am frühen Morgen. Plötzlich kommt Hektik auf, Vögel schießen vom Himmel herab, fliegende Fische flüchten in alle Richtungen, die Delfine geben Gas. Das ganze dauert nur wenige Minuten, dann ist es wieder ruhig. Da war wohl ein Fischschwarm,  den Delfine und Vögel zum Frühstück gesucht hatten.
Heute ist bereits Tag 5 unserer Überfahrt von La Réunion nach Richards Bay in Südafrika. Sehr weit gekommen sind wir bislang allerdings nicht.

Die Abfahrt verläuft etwas hektisch, auch wenn das Ablegemanöver trotz kräftiger Böen hervorragend klappt. Im Hafenbecken treffen wir eine große Schülergruppe mit Kanus und Jollen beim Segeltraining. Dazwischen verstauen wir Leinen und Fender und setzen das Großsegel im Schutz der Molen.
Im Lee der Insel haben wir erst Wind, dann wieder keinen, Böen ums nächste Kap und schließlich ein paar Stunden schönen Segelwind. So könnte es immer weitergehen!
In der Nacht wird der Wind immer weniger, am Nachmittag des zweiten Tages sind wir froh, dass wir immerhin die Richtung halten können.
Tag 3 hält gar keinen Wind für uns bereit. Die Windanzeige zeigt immer wieder 0.0 an. In das Groß haben wir ein Reff eingebunden, die Segellatten knallen sonst mit den Wellen hin und her. Das erzeugt nicht nur ein nervtötendes Geräusch, es macht auch das Segel kaputt.
Nachmittags starten wir den Motor und lassen den Wassermacher laufen. Nach zwei Stunden stellen wir die Maschine wieder ab. Wir sind mitten im Hoch gelandet, nirgends um uns herum ist Wind. Wir müssten zwei Tage motoren um Segelwind zu erreichen. Das wollen wir nicht, vielleicht brauchen wir unseren Diesel im zweiten Teil der Überfahrt noch.
Also genießen wir die Ruhe, baden und backen Brot. Eine Gruppe von Mahi Mahis, das sind wunderschöne Golddoraden, begleitet uns. Wir gönnen uns ein Bier auf dem Vorschiff, wo wir im Schatten der schlaff herunterhängenden Genua sitzen.
Nachts überholt uns eine Flotte chinesischer Fischerboote. Um ein paar Meilen versetzt durchpflügen sie den Ozean. Wir denken an unsere Mahi Mahis und sind sehr froh, als wir sie morgens wiedersehen. Diesmal sind sie davon gekommen.
Auch der nächste Tag vergeht driftend oder schleichend. Immerhin sind wir wieder auf unsere Kurslinie zurückgekehrt. Wir üben uns in Geduld. Die Wettervorhersage verspricht etwas Wind für abends. Das Wasser ist so unglaublich blau. Und es scheint von unten zu leuchten. Die kleinen gestreiften Fische unter unserem Boot wagen sich ein paar Meter voraus, um dann lieber wieder in Maris Schatten zurückzukehren. Schüchtern sind sie nicht. Als wir baden, stupsen sie uns an.
Pünktlich zum Abendessen füllen sich die Segel mit Wind. Wir sind wieder unterwegs. Nicht schnell, aber stetig.
Der Wind hat die ganze Nacht durchgehalten. Wir haben Vollmond, es war also die ganze Nacht hell. Immer wieder unbegreiflich, dass die indirekte Beleuchtung so effektiv funktioniert! Bevor der Mond im Westen untergegangen ist, wurde es im Osten schon hell. Sehr angenehm.
Ab morgen soll es wieder stärker wehen. Dann werden wir endlich mehr Strecke machen, aber das Leben an Bord wird auch wieder umbequem. Statt uns über die bescheidene Geschwindigkeit zu ärgern genießen wir also die letzten gemütlichen Stunden. Ich beginne nun das vierte Buch auf dieser Überfahrt. Die Flaute hat dazu geführt, dass ich nicht seekrank war und schon seit dem zweiten Tag lesen kann.
Ihr seht, Schwachwind hat durchaus Vorteile, man kommt nur nirgends an.

Wir baden ausgiebig.
Kein Wind – aber schöne Wolken.
Pause auf dem Vorschiff.