Mauritius: der Name klingt nach Trauminsel und Flitterwochen. 1.3 Mio. Menschen wohnen auf der Insel, die doppelt so groß ist wie Deutschlands größte Insel Rügen. 60 % der Bewohner sind Hindus, 30 % Christen und 20 % Muslime (Anmerkung der Redaktion: 110 % Bewohner sind auch für Mauritius etwas zu viel. Nur 50 % der Bewohner sind Hindus.). Im Laufe der kurzen aber wechselreichen Geschichte kamen Sklaven, Arbeiter und Einwanderer aus verschiedenen Teile der Welt (oder wurden gekommen). Mauritius war Portugiesisch, Holländisch, Französisch und Britisch bis es 1968 unabhängig wurde.
Die vulkanische Insel lebte früher hauptsächlich vom Zuckerrohranbau, heute ist die Wirtschaft stärker diversifiziert, es gibt eine Textilindustrie und der Tourismus wird gefördert.
Die Tage in Port Louis vergehen schnell. Kleine Bootsarbeiten haben Priorität. Wir dichten die vorderen Püttinge neu ab, da es auf der Überfahrt in meinen Schrank geregnet hat. Der Motor ist beim Umparken kurz trocken gelaufen, deshalb kontrolliert Nobbi den Impeller und streichelt den Motor etwas. Nach langer Zeit haben wir Frischwasser zur Verfügung und nutzen die Gelegenheit Mari gründlich zu waschen.
Zwei der vier Tage in Port Louis sind Feiertage, das erschwert die Planung. Wir schießen unsere Pläne die ganze Insel zu erkunden in den Wind und lassen uns treiben. Centre d’Art hört sich interessant an, vielleicht gibt es dort eine Ausstellung? Wir sehen uns im Vorraum um und stellen fest, dass es sich um ein ganz modernes Konzerthaus handelt. Am gleichen Abend gibt es eine Vorstellung, spontan kaufen wir Tickets. Glücklicherweise lassen wir uns nicht davon abhalten, dass ich bei „Jazz“ kurz zusammen zucke. Es gibt wundervollen Sega-Jazz, der mir sehr gefällt. Aber auch einiges mit dem ich nichts anfangen kann, wo bei mir das Gefühl aufkommt die Musik ein wenig sortieren zu wollen. Maestro Philippe ist ein populärer Jazz-Trompeter, der Jazz und Sega, eine lokale Musikrichtung, kombiniert. Die Musiker sind fantastisch. Es macht Spaß zuzuhören wie die Melodien von Instrument zu Instrument weitergegeben werden. In der zweiten Hälfte treten verschiedene Sänger auf und singen auf Französisch und Kreol. Das Konzert ist sehr abwechslungsreich und wir sind rundum begeistert. Übrigens ist der Saal sehr schick und modern. Und, natürlich macht es Spaß Leute zu gucken. Man trägt bunt, gut dass wir auch in bunt gekommen sind!

Im Blue Penny Museum sind die berühmten Briefmarken ausgestellt. Die blaue und die rote Mauritius, die hier „Post Office“ heißen, werden jede Stunde für 10 min beleuchtet. Anhand von Seekarten aus verschiedenen Epochen wird die Geschichte der Insel erzählt. Auch sehr interessant ist die Geschichte der Post. Wir lernen wie revolutionär die Einführung der Briefmarke war: erstmals zahlt der Sender!
Port Louis ist keine Stadt, in der man wegen ihrer Baudenkmäler flanieren möchte, auch wenn es eine Reihe ansehnlicher Gebäude und einige moderne Türme gibt. Viele Häuser sind eher schmucklos und befinden sich in unterschiedlich verfallenen Stadien. Das Leben in den Straßen macht die Stadt interessant. Es ist bunt und wuselig, es gibt unzählige Stoff-, Kleidungs- und Krimskamsläden. Der Markt ist schön. Es gibt Obst, Gemüse, Gewürze und Souvenirs. Ich soll einen Kaschmirschal kaufen.
Als ich bezweifle, dass Kaschmirziegen das Klima mögen, lacht der Verkäufer. Er erklärt mir, dass die Wolle aus Indien kommt und hier für eine amerikanische Firma verarbeitet wird. Fast alle Menschen die wir treffen wechseln mühelos zwischen Französisch und Englisch, genau wie schon auf Rodrigues. Dadurch ist es einfach Neues zu lernen.
Wir bummeln durch die Straßen, laufen zur Zitadelle hinauf und genießen den Blick über die Stadt. Die Kathedrale ist ganz hübsch und bietet sich für eine Pause an. Am besten gefallen mir aber die Flughunde, hunderte von ihnen hängen im Park ab und beginnen bei Sonnenuntergang ihre Flügel zu spreizen und sich mit ihren Nachbarn zu streiten.












Der Komplex Caudan, der ans Hafenbecken grenzt, ist mit Hotels, Casino, viel Shopping und noch mehr Restaurants etwas künstlich. Trotzdem ist es hier nett und immer was los. Zu Divali (hinduistisches Lichterfest) gibt es eine Modenschau. Sari-Träume in Rot und Gold werden präsentiert. Am Samstagmorgen wundern wir uns für die endlose Schlange vorm Kino. Nobbi fragt und erfährt, dass es einen neuen Bollywood-Film gibt.
An einem kleinen Stand bekommen wir einen Dumpling geschenkt (ja, schon wieder ein Geschenk) und werden schnell zu Stammkunden. Mit Freunden, die wir seit Neuseeland nicht gesehen haben, essen wir gemeinsam in einem schönen Innenhof zu Mittag. Beim Supermarkt gibt es leckeres Baguette, man könnte sich hier durchaus einrichten.





Uns gefällt der Platz mitten in der Stadt, auch wenn viel Dreck an Deck geweht wird und an einem Morgen mehrere Betonmischer auf der Pier stehen. Gelegentlich schickt ein Schlepper etwas Schwell, der trifft aber vor allem die andere Seite des Hafenbeckens. Zwischen 18 und 6 Uhr dürfen Schiffe weder ein noch auslaufen, so dass es nachts nur ganz selten ein paar Wellen gibt. Bei Niedrigwasser könnte Mari mit der Scherleiste unter eine Betonkante an der Pier geraten. Das gilt es zu verhindern. Ich habe einen geeigneten Autoreifen entdeckt und Nobbi dazu angestiftet, für diesen eine „Ortsveränderung“ zu organisieren damit wir mehr Abstand zur Pier wahren.
Marisol liegt die meiste Zeit ganz allein im Hafenbecken. Andere mussten wegfahren, weil eine Rally das ganze Becken reserviert hat. Die Boote von der Rally sind aber noch hunderte von Meilen entfernt. Wir dürfen liegen bleiben, wir wissen nicht warum, freuen uns aber darüber.

Zehn Tage vor den Wahlen hat die Regierung den Zugang zu allen Social Media Netzwerken blockiert. Die Einschränkungen sind die Reaktion auf einem Abhörskandal und werden mit der nationalen Sicherheit begründet. Nach Sperrung der Dienste am Freitag kommt es natürlich zu Protesten. Am Samstag beobachten wir wie Menschen alle Zeitungen kaufen, die sie bekommen können. Eigentlich sollte die Blockade bis nach der Wahl am 10.11. aufrechterhalten werden, aber die Proteste gegen die Meinungs-Diktatur führen dazu, das Samstagnachmittag Social Media wieder erreichbar ist. Aber die Diskussion und die Proteste um die massive Einschränkung der Meinungsfreiheit nehmen erst richtig Fahrt auf. Sonntagmorgen sehen wir viele Menschen mit Fahnen, Transparenten und Mauritiusflaggen auf dem Weg zur Demo. Wie sich die Situation weiter entwickelt werden wir aus der Ferne beobachten, für uns geht es weiter nach La Réunion.
