Schildkröten streicheln

François Leguat veröffentliche 1708 sein Buch, in dem nicht nur von seinen Abenteuern während der Zeit, in der er mit einer Gruppe Männer auf Rodrigues lebte, erzählt, sondern auch die Fauna und Flora beschreibt. Dieses Buch ist eins der wenigen Zeugnisse wie die Insel vor der massiven Verwüstung durch den Menschen aussah. Nach ihm ist das Naturschutzgebiet im Süden der Insel benannt.
Etwa 280.000 Landschildkröten sollen Rodrigues bevölkert haben, bevor sie zwischen 1730 und 1770 ausgerottet wurden. 2006/2007 wurden Schildkröten zweier Spezies, die als die nächsten lebenden Verwandten der ausgestorbenen Rodrigues-Schildkröten gelten, im François Leguat Schutzgebiet ausgewildert. Die Aldabra-Schildkröten stammen von den Seychellen, die Strahlenschildkröten von Madagaskar. Heute leben 3000 Tiere im eingezäunten Reservat.
Inzwischen wird eine dritte Spezies aufgezogen. Die madagassische Schnabelbrustschildkröte ist auf Madagaskar fast ausgestorben, dort werden sie leider noch immer gejagt und verkauft. Die Art soll erhalten werden und die Tiere sollen irgendwann wieder in ihrer Heimat ausgewildert werden.
Rodrigues bildet mit La Reunion und Mauritius die Inselgruppe der Maskarenen. Die Inseln sind vulkanischen Ursprungs, liegen weit weg vom afrikanischen Kontinent und waren nie mit ihm verbunden. Dadurch hat sich eine einzigartige Flora und Fauna mit vielen endemischen Arten entwickelt.
Auf Mauritius gab es den recht bekannten Dodo und auch Rodrigues hatte einen flugunfähigen großen Vogel. Den 90 cm großen Solitär gab es nur hier und er wurde wohl schon 1760 ausgerottet. Nicht nur für die eingeschleppten Haustiere war er eine leichte Beute, er soll den ersten Bewohnern ausgesprochen gut geschmeckt haben. In einer Tropfsteinhöhle auf dem Gelände des Schildkrötenreservates wurde eines der Solitär-Skelette ausgegraben.
Bei der Führung besuchen wir diese Höhle. Durch die große Höhle führt ein Weg, auf dem man bequem laufen kann. Manchmal wird er sehr schmal oder man muss den Kopf gehörig einziehen. Und natürlich besuchen wir mit der Führung die Schildkröten. Die jungen Tiere leben in großen Gehegen, die größeren sind überall unterwegs.
Die riesigen Landschildkröten lassen sich tatsächlich nicht nur bereitwillig streicheln, sie kommen auf einen zu, reiben ihren Hals am Hosenbein und fordern einen auf ihren faltigen Hals zu kraulen. Ich bin verliebt und wäre gerne dort geblieben und hätte noch ein paar Stunden Schildkröten gestreichelt und auch Nobbi krault bereitwillig Hälse.

Die Herrin über die Höhle.
Auf dem Weg in die Höhle!
In der Höhle warten Tropfsteinformationen auf uns und natürlich die üblichen Geschichten zu Stalagmiten und Stalaktiten.
Der Solitär war ein recht großer, flugunfähiger Vogel.
In dieser kleinen Schlucht leben viele der Schildkröten.
Zunächst sind wir unsicher, ob wir die Schildkröten streicheln dürfen. Aber sie lassen uns keine Wahl.
Die Schildkröten richten sich auf und zeigen ihren langen Hals.
Auch auf dem Kopf mögen sie gekrault werden.
Es macht riesigen Spaß, ich wäre gerne noch länger geblieben.

Unser Tag verläuft wieder einmal anders als geplant. Morgens nehmen wir den Bus von Port Mathurin in den Süden der Insel und wollen von der Hauptstraße zum Naturschutzgebiet laufen. Als wir uns gerade darüber unterhalten, wie schön es ist mal wieder zu laufen, hält ein Reisebus neben uns. Die Reisegruppe aus La Reunion ist mit Mireille und Aline unterwegs. Sie nehmen uns nicht nur die drei Kilometer zur Schildkrötenstation mit, sondern adoptieren uns für den Rest des Tages. Nach unserm Besuch bei den Schildkröten fahren wir zu einem Restaurant, wo wir Mittagessen. Nachmittags kurven wir über die Insel, sehen uns zwei Kirchen an und halten bei einer Hängebrücke über eine tiefe Schlucht in der Ziegen, Schweine, Vögel und ganz viele Flughunde leben. Besonders schön ist die Rückfahrt entlang der sonnigen Nordküste, auf der „unsere“ Gruppe viele Lieder mitsingt. Die beiden Reiseleiterinnen sprechen gutes Englisch, mit den Leuten aus der Reisegruppe ist die Kommunikation leider schwierig, weil unser Französisch einfach noch immer schlecht ist. Trotzdem fühlen wir uns sehr willkommen. Uns wird Platz am Tisch gemacht, wir werden immer wieder eingeladen dabei zu sein, angelächelt und wir lachen viel zusammen. Der schöne Tag war ein tolles, völlig unverhofftes Geschenk. Leider werden wir La Réunion vermutlich nicht besuchen können. Wir bekommen keinen Platz im Hafen, da alles durch die Ozean-Rallys auf Wochen ausgebucht ist. Aber immerhin haben wir nun einige Bewohner der Insel kennengelernt!

„Unsere“ Gruppe vor der Höhle, leider nicht ganz vollständig.
Unsere Gastgeberinnen: Mireille und Aline.
Gute Laune im Bus
Eine ungewöhnliche Kirche besuchen wir weit im Süden der Insel.
Nobbi wagt sich über die Hängebrücke.
Ein Flughund dreht seine Runden in der Schlucht,