Rodrigues – eine sympathische Insel

Seit einer Woche sind wir schon in Rodrigues und die Zeit vergeht schnell. Die kleine Insel ist 19 km lang und 9 km breit und von einem riesigen Riff umgeben. Sie gehört zu Mauritius und hat 40000 Einwohner, von denen ungefähr ein Viertel in der Hauptstadt Port Mathurin wohnt.
Die unbewohnte Insel war schon länger bei den arabischen Seefahrern bekannt, wurde aber erst 1538 nach einem portugiesischen Steuermann benannt. Die Holländer unternahmen einen halbherzigen Besiedlungsversuch, eine Gruppe von Franzosen lieferte sich Kämpfe mit den Holländern und lebte hier zwei Jahre. Nachdem sie die Insel verlassen hatten, schrieb einer von ihnen ein Buch, das die Franzosen zur erneuten Kolonialisierung motivierte. 1808 wurde Rodrigues von den Briten besetzt. Als Mauritius 1968 unabhängig wurde, war man auf Rodrigues wenig begeistert. Man wäre gerne britisch geblieben. Seit 2002 ist Rodrigues eine autonome Region innerhalb Mauritius.
90 % des Landes gehört dem Staat und die Bewohner pachten es jeweils auf zehn Jahre. Fleisch und ein wenig Fisch und Tabak sind die einzigen Exportgüter, wobei die Landwirtschaft an akutem Wassermangel leidet und die Umwelt wiederum an Überbevölkerung und extensiver Landwirtschaft.

Der Ankerplatz im Hafenbecken gefällt uns, auch wenn ganz schön viel Staub und Dreck vom Hafen an Bord geweht wird. Das Dinghi hat einige interessante Flecken bekommen und ist sehr schmutzig. Das Anladen ist je nach Welle und Strömung nicht ganz einfach. Manchmal können wir das Dinghi an einem Schlepper anbinden, dann ist es einfacher auf die Pier zukommen. Bei Niedrigwasser ist diese nämlich ganz schön hoch und wir müssen über die Fender für die großen Schiffe an Land klettern, was uns mit neuen Flecken auf der Kleidung versorgt.
Vor einigen Tagen hatten wir einen Delfin am Ankerplatz, große Schildkröten sehen wir fast täglich. Obwohl wir die Tiere schon so oft gesehen haben, nutzt es sich einfach nicht ab. Immer wieder schön.

Zwischendurch waren wir sechs Yachten, nun liegen wir hier allein. Als das Versorgungsschiff den Hafen verlassen hat, gab es einige Aufregung im Ankerfeld. Einige Boote mussten das Hafenbecken verlassen, um Platz für das große Schiff zu machen. Während die ersten Anker auf gingen, kam ein anderer Segler an und versuchte zu ankern. Sein Anker verhakte sich hinter der Kette eines anderen Bootes. Das ist doof, kann aber mal passieren. Doch nur wurde es spektakulär. Er schleppte das andere Boot quer durch die Bucht, zwischen uns anderen Booten hindurch. Zunächst ohne zu bemerken, dass er ein Boot im unfreiwilligen Schlepp hatte. Das hätte sehr, sehr schief gehen können! Die Crew des vor uns ankernden Boots eilt zur Hilfe und kann die beiden Boote voneinander trennen, doch dann streikt der Außenborder der Helfer. Nun schleppt Nobbi die Helfer zurück zu ihrem Boot. Bei dem starken Wind ist das ambitioniert, unser Dinghi lässt sich dann nicht besonders gut manövrieren. Am Ende sind alle wieder auf ihren Booten und glücklicherweise ist nichts kaputt gegangen.

Die Zeit ist gefüllt mit Alltagsgetüddel. Handtücher und Bettwäsche haben wir an Land zum Waschen gegeben, alles andere wird an Bord mit der Hand gewaschen. Wir kaufen im Supermarkt ein, Obst und Gemüse gibt es auf dem Markt und Baguette in der Bäckerei. Baguette scheint subventioniert zu werden, es kostet nur 10 Cent, doch auch sonst sind die Preise nicht so hoch wie die Insellage vermuten lassen würde. In einem Café, nur eine Querstraße vom Hafen entfernt, gibt es einen leckeren Mittagstisch und fantastischen Kaffee. Fritierte Kleinigkeiten zum Mittagessen, wie Samosas und Frühlingsrollen, kosten am Stand bei der Bank nur etwa einen Euro. Für uns beide zusammen. Vormittags ist buntes Leben auf den Straßen von Port Mathurin, nachmittags wird es ruhig und um kurz nach vier werden die Bürgersteige hochgeklappt. Alle Läden sind dann geschlossen und es wird noch ruhiger. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit. Fast alle sprechen neben Kreol und Französisch auch Englisch und sind offen und kommunikativ. Man grüßt sich auf der Straße und lächelt sich an. Hier kann man es sehr gut aushalten.

Es ist einigermaßen kompliziert an eine SIM-Karte zu kommen. Zuerst gehen wir zum Port Captain, erklären, dass wir eine SIM-Karte kaufen wollen und bekommen einen Brief, der bestätigt, dass wir im Hafen liegen. Im Laden der Telefongesellschaft ist es rappelvoll und als wir nach langem Warten endlich dran sind, erklärt uns die Mitarbeiterin, dass sie uns nicht im System finden könne, wir müssten zur Immigration oder zur Polizei gehen. D.h. eine Mitarbeiterin eines Telefonladens kann auf die Daten der Einwanderungsbehörde zugreifen? Vielleicht gar mit ihrem privaten Telefon? Wir versuchen nicht über Datenschutz und Datensicherheit nachzudenken und laufen zur Immigration. Der Mitarbeiter lernt von seiner Vorgesetzten, wie man uns ins System einträgt. Unter „Bootsname“ gibt man den Namen des Bootes ein… Es dauert ewig. Dann geht’s wieder zur Telefonladen, dort ist es immer noch sehr voll. Als wir endlich dran sind, stellt die Mitarbeiterin fest, dass sie uns noch immer nicht finden kann. Wir laufen also wieder zur Immigration. Nach dem wir eine halbe Stunde im Büro gewartet haben und niemand auftaucht, haben wir keine Lust mehr und gehen Kaffee trinken.
Zwei Tage später versuchen wir erneut unser Glück. Bei der Immigration werden wir nun beide erneut ins System eingegeben, diesmal geht es viel schneller. Auch beim Telefonladen brauchen wir kaum warten, hier ist es heute nicht so voll. Zunächst versuchen wir es mit meinem Pass, doch das System findet mich nicht, aber Nobbi wird gefunden. Nun ist es ganz einfach und wir können eine Touristen-SIM-Karte für umgerechnet 15 Euro mit unglaublichen 200 GB Datenvolumen kaufen.

Fischer an der Riffkante hinter unserem Heck
Hier gibt es Leckereien zum Mittagessen
Nobbi im Café
Die Container werden Sack für Sack ausgeladen
Fast alle Menschen sind sehr kommunikativ und offen
Der wichtigste Laden: in dieser Bäckerei gibt es die leckeren Baguettes.
Das Versorgungsschiff läuft aus.

Segler Hugh hat ein Auto gemietet und lädt uns zu einem Ausflug ein. So eine Gelegenheit lassen wir uns nicht entgehen. Morgens trifft sich unsere kleine Reisegruppe auf der Pier. Wir sind zu fünft, vier Boote sind vertreten. Im Naturschutzgebiet Grand Montagne machen wir eine geführte Wanderung. Wir erfahren einiges über die Tiere und Pflanzen der Insel. Viele Pflanzen haben sich an die großen Schildkröten angepasst, die alle Blätter fressen, die sie erreichen können. Häufig weisen die heimischen Pflanzen Heterophyllie auf, d.h. sie haben im bodennahen Bereich andere, stachelige Blätter als in Regionen, die die Schildkröten nicht erreichen können. Die Geschichte der Insel ist traurig und leider typisch. Die Schildkröten wurden innerhalb weniger Jahre ausgerottet, eigneten sie sich doch ausgezeichnet als Frischproviant auf Schiffen, der Regenwald wurde abgeholzt und eingeführte Haustiere bedrohten die heimische Tierwelt. Wir sehen viele Vögel und besondere Pflanzen, die wir ohne unseren Guide nicht erkannt hätten.
Nachmittags fahren wir an die Südküste, besuchen wunderbar feine, weiße Strände, legen eine Pause am Kite-Surfer Strand ein und trinken ein Bier auf der Terrasse eines netten und vermutlich sehr teuren Strandhotels. Auf der Südseite der Insel sind die Hänge nicht ganz so steil, dafür noch trockener. Überall weiden Ziegen und Kühe, sogar am Strand. Entlang der Küstenstraße sehen wir Oktopusse, die in der Sonne zum Trocknen aufgehängt wurden. Es gibt einige sehr schöne Anwesen, die meisten Menschen leben hier aber ein einfaches und armes Leben.
Vielen Dank an Hugh für die Einladung. Wir hatten einen tollen Tag und haben viel von der Insel gesehen!

An der Station geht’s los.
Ausblick über die Nordostküste und das Riff.
Wunderschöne Seidenspinne
Hat sie nicht tolle, rote Beine?
Segler beim Landgang
Der Madagaskarweber hat das schönste Kleid.
Den Rodriguesweber gibt es nur hier, auf Rodrigues.
Dies ist Ramosmania rodriguesii, sie war eine der seltensten Pflanzen der Welt. Es gab nur noch ein einziges Exemplar! Die Vermehrung war schwierig und erst nach vielen Versuchen gelang es in Kew Gardens Pflanzen zu ziehen, die Früchte bilden.
Stopp am Wurststand
Der Strand der Kite-Surfer