Überfahrt nach Cocos Keeling

Die Lagune leuchtet in allen Blautönen. Unser Anker fällt ins glasklare Wasser, einige kleine Schwarzspitzen Haie begrüßen uns. Wir sind auf Cocos Keeling angekommen!

Eine Woche zuvor: Auf dem Indischen Ozean weht es kräftig und so schieben wir die Abfahrt nach Cocos Keeling noch etwas auf. Wir liegen in einer tiefen Bucht der Insel Sebuku in der Sunda-Straße und warten, dass der Wind auf dem Ozean weniger wird.
Manchmal liegen wir ganz alleine in der Bucht, manchmal ist sie stark frequentiert. Nachts sind viele Fischer in der Bucht aktiv. Sie fischen für einige Stunden an einem Ort, holen dann den Anker auf und fahren an eine neue Position. Fast alle Boote fischen mit weißem, gelbem oder grünem Licht. Die Bucht und auch wir sind meistens gut ausgeleuchtet. Den Strom für die Scheinwerfer liefern Generatoren, leise ist es nicht. Donald fährt im Gegensatz zu den Fischern gänzlich unbeleuchtet, dafür aber sehr flott durch die Bucht. Wir nennen das etwa 15m lange Schiff Donald, weil Donald Duck seinem Aufbau ziert. Auf Donalds Vorschiff brennt ein offenes Feuer, auf dem Garnelen gekocht werden. Donald prescht abends durch die Bucht und legt bei den Fischern an. Wir beobachten, wie verhandelt wird. Wird man sich einig, wandern Kisten mit Garnelen (und Tintenfisch?) zur Donald und Geldscheine zum Fischer.
Zusätzlich zu unseren zwei Ankerlampen hängen wir eine helle Lampe ins Cockpit, nicht dass Donald uns übersieht.
Tagsüber kommen Fischerboote in die Bucht um eine Pause zu machen, die Crews schlafen dann. Eins ankert dicht vor uns. Oft schwoit es nur wenige Meter vor uns durch. Das Schiff ist fast doppelt so lang wie wir und wir haben Angst dass er unser Rigg mit seinen furchterregenden Auslegern aufspießt. Umziehen können wir nicht, er liegt über unserem Anker. Stundenlang behalten wir ihn im Auge. Das ist etwas mühsam, da einer von uns nun immer an Deck sitzt.

Nachts ist die Bucht gut beleuchtet.
Uns ist es zu kuschelig. Der Fischer liegt auf unserem Anker und kommt bis auf wenige Meter an uns heran.

An Land trauen wir uns nicht. Wir sind ja bereits vor einer Woche aus Indonesien ausgereist und wollen unser Glück nicht auf die Probe stellen. Trotzdem gibt es eine rege Kommunikation mit den Dorfbewohnern. Jeder, der mit dem Boot vorbeikommt winkt und wir werden gefragt wo wir herkommen. Manchmal wird es uns etwas zu kommunikativ. Ein Boot fährt im Dunkeln mit weniger als einem Meter Abstand an uns vorbei. Sie waren nur neugierig und wollten gucken, wie wir unseren Abend verbringen.

Nobbi winkt einen Mann im Kanu heran und fragt nach Obst. Bananen? Andere Früchte? Und gibt ihm etwas Geld. Zwei Stunden später ist er wieder da und hat eine Staude grüner Bananen und eine Tüte reife Bananen dabei. Wir freuen uns, schenken ihm eine Dose Dänisches Buttergebäck und verabschieden uns. Auf dem Rückweg zum Dorf macht er bei verschiedenen Fischerbooten eine Pause und erzählt die Geschichte von den Seglern und den Bananen. Scheint sehr lustig zu sein. Am nächsten Tag kommt er wieder vorbei. Ein Karton mit mehreren „Händen“ Babybananen, eine große Staude grüner Bananen und eine Staude eckiger Bananen wandern zu uns an Deck. Wir lachen. Das sind zu viele Bananen für uns. Er glaubt, dass wir nun mit seinen Bananen nach Afrika fahren. Das ist im Prinzip ja nicht falsch. Die Kommunikation reicht nicht aus, um die Bananen auf nette Art abzulehnen. Also schenken wir ihm unser restliches indonesisches Geld (das sind nur wenige Euro). Er freut sich, wir freuen uns, alle sind glücklich und wir haben nun sehr viele Bananen an Bord. Es gibt ein Bananenbrot und das grüne Curry mit Aubergine und Banane ist ein voller Erfolg.

Er angelt eigentlich, wird aber gerne als Bananen-Taxi aktiv.
Hatten wir ein Keine-Bananen-Problem, haben wir nun ein Bananenproblem.

Am Montag geht es endlich los. Morgens regnet es und so verschieben wir unsere Abfahrt. Es nieselt immer noch, als wir den Anker hochholen.
Wir wollen dem Krakatau einen Besuch abstatten. Der berühmte Vulkan der 1883 so spektakulär ausgebrochen ist, beziehungsweise seine Reste und sein Nachkomme Anak Krakatau (Krakataus Kind), liegen in der Sunda Straße 20 Meilen von unserem Startpunkt entfernt. Dank es Regens sehen wir zunächst nichts. Mühsam schälen sich die drei Inseln, die einmal Teil des großen Vulkans waren aus den Wolken. Irgendwann erkennen wir im Grau auch den neuen Kegel, den Anak Krakatau. Wir runden die Insel Sertung und nähern uns dem Vulkan von Süden. Rauch steigt aus seinem Schlot auf. Natürlich hätten wir uns gewünscht den Krakatau bei besserem Wetter zu sehen und eventuell dort zu ankern. Trotz der schlechten Sicht ist es bewegend den berühmten Vulkan auf eigenem Kiel zu besuchen. Die Fotos werden im trüben Grau sehr bescheiden. Wir beschließen noch näher heranzufahren, als es wieder zu regnen beginnt drehen wir jedoch ab. Kurs Cocos Keeling!

Am Morgen der Abfahrt ist es regnerisch.
Die Krakatau-Inseln schälen sich aus den tiefen Wolken
In der Mitte liegt Anak Krakatau. Der neue Vulkankegel ist schon 800m hoch.
Es raucht aus dem Schlot des Anak Krakatau.

In den folgenden vier Tagen sind wir schnell, aber unbequem unterwegs. Mit halbem Wind, manchmal gar am Wind unterwegs. Abgesehen von einer Flaute, in der wir wild hin und her geworfen werden, sind die ersten beiden Tage sehr böig, die Windanzeige pendelt zwischen 15 und 28 Knoten. Am letzten Tag steht sie meistens zwischen 20 und 32kn, nur selten holt der Wind etwas Atem. Die Schauer der beiden ersten Tage machen das Leben an Bord unbequem. Die Wellen nehmen von zwei auf drei Meter zu und laufen oft konfus durcheinander. Mehrere Schwellsysteme scheinen sich zu überlagern.
Wir segeln die ganze Strecke im zweiten Reff. Wir sind schnell, wozu ausreffen? Später rechnen wir aus, dass wir im Schnitt mit 6,5 kn unterwegs waren, die letzten 24 Stunden gar mit 7 kn. Das ist für uns sehr flott, zumal wir die Fock verkleinern, wenn Mari beginnt abzuheben und in die Wellentäler zu knallen.

Es gibt einige kleine Schäden an Bord. Wirklich schmerzhaft ist der Bruch der Schlingerleiste am Navitisch. Eine Kleinigkeit, aber es sieht nicht schön aus und man ist ständig versucht sich dort festzuhalten. Wir werden es jetzt provisorisch reparieren und später dann ersetzen. Das ist das Gute bei Holz, man kann es gut reparieren.
Es ist etwas Wasser ins Schiff gekommen. Wir kennen viele andere Boote, wo es häufiger tropft. Bei uns nicht, wir verteidigen den Innenraum eisern. Lediglich die Püttinge der vorderen Wanten sind ein endloses Thema, egal wie oft wir die Dichtungsmasse erneuern. Nun leckt es durch den Schwanenhals, der die Kabel am Mast ins Bootsinnere führt, und es tropft auf meine Koje im Vorschiff. Ich schraube die Verkleidung unter der Maststütze ab und stopfe Lappen von innen in den Schwanenhals. Das hilft. Wir werden den Schwanenhals also doch wieder mit Silikon füllen. Das Tropfen im Vorschiff hört auf, als ich den Griff des Vorluks nicht nur schließe, sondern auch verriegle. Irgendetwas stimmt nicht mit dem Griff, aber vorerst ist das Luk dicht. Die Handtücher, die die Matratze schützen blieben trocken.
Starlink (Satelliten Kommunikation von Elon Musk) stellt seinen Dienst ein. In den ersten Tagen rufen wir problemlos den Wetterbericht übers Internet ab, dann will das System sich einfach nicht mehr verbinden. Am Ankerplatz funktioniert es wieder. Unser brüchiges Vertrauen ist nun noch weiter eingeschränkt. Wir bereiten uns für die nächsten Abschnitte vor, als hätten wir kein Starlink und freuen uns, wenn es funktioniert. Gut, das wir noch die gute alte SSB-Kurzwelle an Bord haben und ein InReach Mini.

Zwischendurch ist es schön. Der klare Sternenhimmel, der sich gelegentlich zeigt, Delfinbegleitung, Mari, wie sie völlig unbeirrt ihren Kurs steuert. Der überwältigende Eindruck wie klein wir sind und wie groß dieser Ozean ist. Das unendliche Blau, die Wassermassen, die unter uns durch rauschen und immer neue Wellen formen.
Aber es ist auch hart. Durchhalten. Hörbuch hören und abwarten. Dadurch, dass Wind und Wellen von der Seite kommen ist es ungemütlich und laut. Immer wieder fliegt Wasser ins Cockpit. Sitzen kann man oft nur im Niedergang, selbst unter der Sprayhood werden wir mit Salzwasser geduscht. Der beste Platz an Bord ist definitiv die Koje an Steuerbord. Mir ist am dritten Tag noch immer flau. Nachdem es am ersten Abend Nudeln mit Tomatensoße gibt, reicht es an den drei folgenden Abenden nur für Reis mit Mango-Chutney. Ein Klassiker an Bord bei viel Wetter oder schwachem Magen. Morgens gibt es Müsli, ansonsten Brot, Kräcker, Müsliriegel und natürlich Bananen. Kulinarisches Highlight ist eine Pomelo, die wir noch in Malaysia gekauft haben.
Wir sind nicht allein. In den ersten Tagen vergeht keine Wache ohne Schiffsbegegnungen. Die Großen sind auf dem Weg nach Brasilien oder China. Und tatsächlich gibt es noch immer Fischer. Zum Glück sind es nur noch wenige und wir müssen unseren Kurs nur etwas anpassen.

Nach ziemlich genau vier Tagen, am Freitagmittag, sehen wir Cocos Keeling. Nur eine Stunde später sind wir im Pass. Der Schwell lässt nach, wir bergen die Segel und fahren in die traumhafte Lagune. Die Einfahrt ist gut betonnt und die Fahrt zum Ankerplatz einfach. Wir sind die einzige Yacht und haben die freie Wahl des Ankerplatzes vor Direction Island auf 4 Meter Wassertiefe über weißem Korallensand. Es weht mit satten fünf Windstärken. Jetzt, wo wir nicht mehr von den hohen Wellen durchgeschüttelt werden, stört uns das gar nicht. Im Gegenteil, der Wind weht durchs Schiff und trocknet unsere nassen Sachen.
Wir wissen schon jetzt: Cocos Keeling ist ein Traum.

Land in Sicht!
Hi Hai!
Cocos Keeling: ein Traum!