Zwei etwas längere und einige kurze Etappen liegen noch vor uns. 120 Meilen in den Norden zur Insel Bangka bedeuten etwa 24 Stunden, also mal wieder eine Nachtfahrt. Nach einem gemütlichen Frühstück geht’s los. Leider haben wir gar keinen Wind und es ist sehr heiß. Auch nachts sind deutlich über 30 Grad unter Deck und selbst draußen schwitzen wir. Es ist diesig und feucht. Mit der Lampe will ich mir den vorbeitreibenden Müll ansehen und der Effekt ist in etwa als ob man bei Schnee das Fernlicht einschaltet.
Sehr viele Fischer gestalten die Nacht abwechslungsreich. Die meisten sind hell beleuchtet und bleiben wo sie sind. In der Nähe eines Ortes sind die kleinen Fischerboote unterwegs, wenig beleuchtet, mit schwachen Blinklichtern, die man erst spät sieht. Frachter und Schleppzüge sind natürlich auch wieder unterwegs. Trotzdem kommen wir ganz gut durch die Nacht.
Als es hell wird, sehen wir, dass es sich bei einigen Fischern, die wir für Boote gehalten haben, um hölzerne Plattformen auf Stelzen handelt. Hunderte von diesen Konstruktionen mit einer Schutzhütte oben drauf und einem Netz darunter stehen in einer Wassertiefe von 25m viele Meilen vor der Küste. Kein Wunder, dass diese Fischer sich nicht bewegt haben! Wir können sie sehr gut umfahren.
Als wir aber einen Pfahl aus dem Wasser ragen sehen, graust es uns. Die Überreste einer alten Plattform. Wenn man so etwas ungünstig trifft… man mag es sich nicht ausmalen. Wie viele abgebrochene Pfähle warten hier unter der Wasseroberfläche auf ahnungslose Segler?
Vormittags erreichen wir die große Bucht im Norden Bangkas und ankern vor einem endlosen weißen Sandstrand. Es ist diesig und schwül. Wir sind müde und verbringen den Tag mit baden, backen und lesen. Während wir darüber nachdenken, ob die vielen Fischer, die hier ankern, etwas fangen, beobachten wir einen Schwarm Plattfische. Beim Schnorcheln oder im flachen Wasser haben wir sie schon häufig gesehen, aber noch nie als Schwarm um unser Boot kreisend.
Der nächste Abschnitt erfordert wieder eine Nachtfahrt. Diesmal können wir segeln und werden mit einem traumhaften Tag beschenkt. Endlich ist es mal wieder richtig klar und die Sicht fantastisch. Nun sehen wir auch etwas von Bangka. Wir kommen flott voran und werden lange von einem Delfin begleitet. Die Nacht ist ruhig, nur eine Handvoll Fischer zeigt sich am Horizont, es ist nicht so heiß und wir schlafen gut. Morgens schläft der Wind ein und wir haben Gegenstrom. Wir kommen nur noch langsam voran und die letzten Meilen bis zur Insel Kentar ziehen sich. Nur die Überquerung des Äquators sorgt für Unterhaltung. Da es unsere vierte gemeinsame Überschreitung des 0. Breitengrads ist, sind die Feierlichkeiten eher überschaubar. Eine kurze Ansprache an Neptun (Freunde nennen ihn Neppi) und der letzte Schluck Rum sollen den Gott der Meere auch weiterhin positiv stimmen. Sicherheitshalber bitten wir Neptun auch Ratu Kidul, der Göttin des südlichen Meeres, etwas abzugeben. Zwar sind wir nun wieder auf der Nordhalbkugel, aber wer weiß schon so ganz genau, welcher Gott wo zuständig ist.
Am 25. April 2019 haben wir auf dem Weg von Panama zu den Marquesas den Äquator übersegelt. Marisol war 1628 Tage auf der Südhalbkugel, das sind vier Jahre und fünfeinhalb Monate. Wir waren leider deutlich kürzer „im Süden“ als unser Boot. Falls wir unseren aktuellen Ideen zur Routenplanung folgen, war das nicht Maris letzter Ausflug auf die Südhalbkugel, aber der längste.




