Sonntag nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg und verlassen Dili. Wir hatten mit einem windstillen Morgen gerechnet und sind überrascht, dass es recht windig ist. Super, dann können wir segeln. Zunächst haben wir Gegenstrom, nach gut einer Stunde kommt der Strom aber von achtern und schiebt uns. Wir kommen flott voran und es macht richtig Spaß. Unsere Idee: wir ankern eine Nacht an der Küste Timors und segeln dann den Rest der Strecke in einem Stück. Früh ahnen wir, dass aus unserer Nacht am Anker nichts werden wird. Als wir das Kap runden, hinter dem wir ankern wollen, sehen wir ein weißes Band aus brechenden Wellen. Eine Stromkante? Zunächst sind die Wellen nicht sehr hoch, aber sehr spitz und wild. Wir werden aufgestoppt, wieder Gegenstrom. Unsere Idee, dass es sich vielleicht um ein dünnes Band handelt und wir tiefer in der Bucht glattes Wasser finden, bewahrheitet sich nicht. Wir müssen einsehen, dass wir hier keinen Ankerplatz finden, wir ändern den Kurs und sehen zu, dass wir dieser Waschmaschine entkommen. Diese Nacht werden wir durchsegeln. Ich übergebe Nobbi das Ruder und gehe unter Deck, nach ein paar Minuten wundere ich mich, dass es so ruhig ist. Nobbi grinst, der Seegang wurde ausgeschaltet, wir segeln bei ruhigem Wasser dahin. Auf die letzten zwei Stunden hätten wir verzichten können.
Abends müssen wir ein wenig motoren, dann können wir wieder segeln. Nun schiebt der Strom gewaltig, manchmal sind wir mit neun Knoten unterwegs. Für uns ist das schnell. In den Morgenstunden schläft der Wind ein und wir motoren. Das Wasser ist glatt, die Fahrt ist angenehm und wir wissen nun, dass wir heute noch ankommen werden. Nur die letzten zwei Stunden sind wieder unangenehm. Aus der Bucht von Kupang weht der Wind sehr böig mit bis zu fünf Windstärken. Schläft dann ein, weht wieder. Und eine fiese, steile Welle stoppt uns auf. Elendig langsam kämpfen wir uns motorsegelnd nach Kupang. Mit dem Fernglas versuchen wir die anderen Segler zu sehen, wo haben die geankert? Wir sind erstaunt, tatsächlich liegt hier keine andere Yacht, nur ein Boot, dass anscheinend schon seit einiger Zeit verlassen ist, schaukelt im Schwell. Wir ankern neben den Fischerbooten in der Namosain-Bucht und sind sehr froh angekommen zu sein. Überraschenderweise ist die nächste Nacht die ruhigste seit Wochen, damit hätten wir nicht gerechnet, als wir uns gegen die Welle in die Bucht gekämpft haben.





Dienstagmorgen (22. August) geht’s an Land. Wir wollen einreisen. Die Einreise nach Indonesien gilt als etwas aufwendig. Lange war ein Agent nötig, das ist inzwischen nicht mehr der Fall. Wir haben versucht uns gut zu informieren und das Glück, dass befreundete Segler erst vor kurzem hier eingereist sind und uns sehr geduldig alle Fragen beantwortet haben.
Insgesamt ist der Prozess umständlich, verläuft aber sehr freundlich und recht flüssig, hat aber auch einige kleine „Passierschein A38-Momente“. Was das heißen soll, liest du kein Asterix? Jeder möchte, einen Stempel der anderen Behörde, sodass man alle zuerst besuchen soll.
Erste Station ist die Biosecurity (oder Health oder Quarantine). Dort sagen wir, dass wir da sind. Das ist bereits bekannt. Wir sollen wieder zum Hafen fahren und dort am Strand die Beamten treffen, die an Bord kommen wollen. Nobbi steigt mit den zwei Beamten ins Dinghi. Ich muss an Land bleiben, sonst wird es im kleinen Schlauchboot zu nass. Sie wollen die Covid-Impfungen sehen, fotografieren das Erste-Hilfe-Kit und füllen ein bisschen Papier aus. Zurück an Land, müssen wir wieder zur Biosecurity und dort unsere Unterlagen abholen und das berühmte „Green Book“ bezahlen. Auf dem Weg halten wir beim Geldautomaten.
Nun geht’s zum Zoll, dort zeigen wir unsere Pässe, Bootspapiere und die Clearance vom letzten Hafen. Da wir keine Kopien dieser Dokumente haben (oder sie nicht rausrücken wollen), macht der Beamte Fotos mit seinem Telefon, alles ganz unkompliziert. Nachmittags wollen sie zur Kontrolle an Bord kommen.
In der Zwischenzeit dürfen wir schon mal zur Immigration am Flughafen fahren und bekommen einen Zettel mit, den wir uns dort stempeln lassen sollen. Bei der Immigration geben wir unsere Visa und Pässe ab, es dauert ein wenig, dann haben wir die Aufkleber mit QR-Code unserer Visa im Pass. Nun sollen wir den Zettel, den wir uns von Immigration für Customs stempeln lassen sollen, von Customs und Biosecurity stempeln lassen und eine Kopie zur Immigration zurückbringen. Das ist ein bisschen ärgerlich, denn der Weg zur Immigration ist recht weit.
Nun geht es zurück zu Marisol. Inzwischen sind wir sehr hungrig und froh, dass ich am Tag zuvor unterwegs ein Bananen-Walnuss-Brot gebacken habe, das wir nun vertilgen. Inzwischen meldet sich der Zoll-Beamte (via WhatsApp), wir sollen sie mit dem Dinghi vom Strand abholen. Nobbi wartet beim Hafenmeister, es dauert. Er wird mit lustigen Geschichten unterhalten. Irgendwann tauchen die Zöllner auf. Einer der beiden hat etwas Angst im Dinghi, da unser Boot nicht ganz dicht ist, sodass man immer nasse Füße bekommt, das findet er unheimlich. Es werden ein paar Papiere ausgefüllt, unsere (sehr bescheidenen) Alkoholvorräte protokolliert, unsere Medikamente und Signalmittel kontrolliert und fotografiert. Die beiden sind sehr nett, wir bekommen alle Papiere genau erklärt und am Ende machen wir dann noch ein paar Selfies zusammen im Cockpit.
Am Mittwoch stoppen wir auf dem Weg zum Zoll bei der Biosecurity und holen uns den fehlenden Stempel für Immigration ab. Das geht ganz schnell und ist der erste Stopp, wo wir nur Indonesisch sprechen. Überhaupt hat es sich gelohnt, dass wir ein wenig Indonesisch gelernt haben. Es macht unglaublich Spaß unsere Kenntnisse auszuprobieren. Nobbi freut sich, dass sie Zöllner seine Aussprache loben. Wir haben einen Fahrer der uns die ganze Zeit fährt und immer auf uns wartet. Er lacht sich kaputt über unsere Sprachversuche, bringt uns aber lauter neue Worte bei.
Beim Zoll ist keiner der Zuständigen da. Wir sitzen aber sehr nett auf einem gemütlichen Sofa und bekommen Tee serviert, so wartet man gerne. Hier können wir nun unsere fertigen Papiere abholen und wir bekommen ebenfalls den Stempel auf dem Papier für die Immigration. Wir fahren zur Immigration brauchen dort nur eine Minute und brauchen nicht warten. Dort treffen wir die Crew eines anderen Bootes und weil sie nicht in angemessener Kleidung aufgetaucht sind, haben sie alle einen Sarong bekommen. Wir sind froh unsere „Einklarierungs-Uniform“ aus Bluse bzw. Hemd und langer Hose angezogen zu haben.
Nun ist der Pflichtteil für heute erledigt. Wir nutzen die Gelegenheit und lassen uns zu Telkomsel fahren, um eine SIM Karte zu kaufen. Auch das ist etwas kompliziert. Ausländische Telefone müssen registriert werden. Die Mitarbeiterin ist sehr nett, erledigt alles für uns, lässt uns auch gleich die zugehörige App installieren und erklärt uns, worauf wir beim Buchen neuer Tarife achten müssen. Es gibt zum Beispiel Datentarife in denen ein Teil des Datenvolumens nur in einer bestimmten Region in Anspruch genommen werden kann, muss man ja wissen. Ist aber alles nicht so wichtig, denn es gibt sehr viel Datenvolumen für wenig Geld und das Beste ist, man hat fast überall Netzverbindung sobald man Land sieht! Den letzten Stopp machen wir bei einem Getränkehandel, wo wir unsere Biervorräte auffüllen.
Am Donnerstag erledigen wir die letzte Etappe des Behördenmarathons. Wir müssen quasi aus dem Einreisehafen ausklarieren. In anderen Ländern heißt das Inter-Island-Clearance. Dafür müssen wir zum Hafenmeister. Das ist einfach, der ist direkt am Hafen und wir brauchen kein Taxi. Er bekommt eine Kopie des Zettels mit den vielen Stempeln, unsere Clearance aus Dili und Kopien unserer Papiere. Dass dieser Besuch spannend werden könnte, wussten wir vorher. Er ist etwas speziell. Alles ist ganz lustig, er macht ein paar Späße und stellt unsere Papiere aus, Zielhafen Lombok. Vermutlich werden wir in Lombok einen Stopp machen, unser Zielhafen ist es jedoch nicht. Wir wollen, dass er unser letzten indonesischen Hafen Batam in unsere Papiere schreibt. Er findet das sei egal. Vielleicht ist es das. Aber wenn es egal ist, kann er doch auch Batam eintragen? Er will nicht. Nun werde ich böse. Schnell habe ich noch ein paar Wörter nachgeguckt und mache ihm dann in sehr wilden Mischung aus Indonesisch und Englisch klar, dass ich möchte, dass da Batam steht. Wir erklären, dass unser Boot klein ist und wir flexibel bleiben wollen. „No problem, Mam“. Er stellt den Wisch nochmal aus. Und kassiert natürlich eine „Bearbeitungsgebühr“, darauf waren wir vorbereitet und haben keine Kraft mehr uns zu wehren. Alle sind fröhlich, es folgen Selfies im Büro.
Damit haben wir den Behördenkram fürs erste erledigt. Ob wir alles richtig gemacht haben, wissen wir erst, wenn auch die Ausreise problemlos funktioniert. Insgesamt lief es ganz smooth. Gute Laune und ein Bootsstempel (!) helfen sehr viel weiter. Die Beamten waren schier begeistert und wollten den Marisol-Stempel auf alle Papiere haben. (Für nachfolgende Segler stellen wir gerne noch alle Infos zusammen, wenn wir erfolgreich wieder ausgereist sind. Falls ihr jetzt einreisen wollt und Fragen habt, meldet euch.)






Nun brauchen wir noch Diesel. An der Tankstelle direkt am Hafen gibt es nur subventionierten Diesel, den dürfen wir aber nicht tanken. Ein „Agent“ hat sich uns seit Tagen aufgedrängt und obwohl wir klar gemacht haben, dass wir ohne ihn einklarieren werden und er auch nirgends mitgekommen ist, ist uns klar, dass wir seine ungefragte Hilfe wohl irgendwie honorieren müssen. Also beschließen wir, ihn Diesel organisieren zu lassen. Eine Frau fährt mit dem Roller zur nächsten Tankstelle und füllt unsere Kanister dort.
Nachdem Nobbi den Diesel und unsere Papiere an Bord gebracht hat, haben wir das Pflichtprogramm erledigt und können uns noch etwas umsehen. Kupang ist eine etwas staubige Stadt. Für indonesische Verhältnisse mit 440.00 Einwohnern eher klein, ist es im Gegensatz zum beschaulichen Dili doch recht groß. Viele Christen leben hier, eine Kirche oberhalb der Bucht fällt uns schon beim Ankern auf. Gegen fünf werden wir allerdings von den Muezzins der Moscheen geweckt. Es ist recht viel Verkehr und wir pirschen uns am staubigen Straßenrand entlang bis zu einem Obstladen. Die Verkäuferin ist nett und das Obst so günstig, dass wir gar nicht handeln mögen. An einem kleinen Stand kaufen wir noch Tomaten und Auberginen, vermutlich bezahlen wir zu viel, denn wir bekommen noch einige Tomaten und eine Aubergine geschenkt. Bei drei kleinen Mädchen wollen wir später Bananen kaufen, dürfen aber erst gehen, nachdem wir gemeinsam mit der Verkäuferin vom Nachbarstand Fotos gemacht haben. Vitaminmangel ist zunächst nicht zu befürchten.
Wir schleppen unser Obst noch ziemlich weit durch die Stadt, aber bevor wir wieder auf dem Boot sitzen müssen wir uns auch mal bewegen. In einem luftigen Restaurant essen wir und ich bin stolz, dass ich mein Essen inklusive Sonderwünsche auf Indonesisch bestellen kann.
Zurück an Bord verstauen wir das Dinghi an Deck, waschen das ganze Obst und Gemüse und räumen etwas auf. Am nächsten Morgen soll es weitergehen, eigentlich könnten wir einen Ruhetag gebrauchen, aber wir haben dem Hafenmeister versprochen binnen 24 Stunden auszulaufen. Nachdem wir am Mittwoch wildes Wetter am Ankerplatz hatten, nachmittags drehte der Wind um 360 Grad, leider mit satten fünf Windstärken, so dass es etwas hektisch im Ankerfeld wurde, sind wir auch gar nicht so wild auf eine Verlängerung in Kupang. Die Stadt Kupang lädt nicht unbedingt zu längeren Aufenthalten ein, doch die netten, offenen Menschen machen, mal wieder, den Unterschied. Schon lange haben wir in drei Tagen nicht so viel gelächelt und gelacht.









