Samstag 15. Juli bis Montag 17. Juli
Samstagmorgen regnet es. Das macht den Abschied von Cairns leicht, sorgt aber nicht gerade für große Begeisterung segeln zu gehen. Nach einer letzten langen heißen Dusche legen wir ab. Wir hatten gehofft, dass uns das ablaufende Wasser den Fluss hinunter schiebt, leider führt es eher zu kabbeligem Seegang. Wir werden durchgeschüttelt und sind froh, als wir das Fahrwasser verlassen können. Der Wind lässt auf sich warten und kommt zwischenzeitlich sogar aus West. Die Wellen werden dafür immer höher und sind unangenehm kurz, eine unfreiwillige Achterbahnfahrt, die Butter fliegt vom Brot, das Brot in die Spüle. Wir nutzen die Motorfahrt um den Wassermacher laufenzulassen, aber auch das Füllen unserer kleinen Trinkwasserkanister ist Hochleistungssport.
Als wir die große Bucht von Cairns endlich verlassen, setzt der vorhergesagte Wind ein und nimmt schnell zu. Wir können flott zum geplanten Übernachtungsplatz bei Low Islets segeln. Die Tagestouristen kehren gerade zu ihrem Katamaran zurück und wir sind plötzlich allein an diesem schönen Platz. Wir können uns eine der Nationalpark-Bojen aussuchen und genießen den Sonnenuntergang. Es ist ein windiger und schöner Platz. Große Fledermausfische ziehen unter uns ihre Kreise und der Leuchtturm lässt sein Licht nach Einbruch der Dunkelheit über uns streifen.
Am spätem Abend ist Hochwasser, mit steigendem Wasser läuft immer mehr Schwell übers Riff, das gemütliche Schaukeln geht in ein wildes Taumeln über. Wir liegen jeder auf unserem Sofa und versuchen lesend die Wellen zu ignorieren. Als mein volles Glas vom Tisch abhebt und der Inhalt sich über mich ergießt, gehen wir ins Bett. Morgens wachen wir gerädert auf.
Der Sonntagmorgen wirkt mit dunkelgrauen Wolken wenig einladend. Wir warten einen kräftigen Schauer ab, bevor wir die Boje loswerfen. Ich habe heute gleich meine Ölhose angezogen, der nächste Schauer kommt bestimmt. Es wird ein schneller aber sehr anstrengender Segeltag hinter dem berühmten Great Barrier Reef. Sprühregen und Schauer, an einem Kap ist der Wind plötzlich weg und dann gibt es wieder heftige Böen, dazu dieser teilweise hohe und steile Seegang, der sich auch gerne mal bricht. Nach 42 Meilen suchen wir uns eine Boje bei Hope Island aus. Wir sind wieder das einzige Boot und haben die freie Wahl. Wieder läuft abends der Schwell übers Riff, es ist jedoch nicht so schauklig wie in der Nacht zuvor.
Aus der Nordsee kennen wir diese wunderbar regelmäßigen Tiden. Sechs Stunden läuft es ab, sechs Stunden auf. Etwa alle 12 Stunden ist Hochwasser. Da es nicht genau 12 Stunden sind, verschiebt sich das Ganze von Tag zu Tag. Zur Springzeit ist das Hochwasser höher und das Niedrigwasser niedriger. So schön regelmäßig schwappt das Wasser nicht überall hin und her.
Hier haben wir ein hohes Hochwasser, dann ein weniger niedrigeres Niedrigwasser, dann ein weniger hohes Hochwasser und dann ein niedrigeres Niedrigwasser. Verwirrend? Ein Beispiel Hope Island am 16.7.: abends um 2100 ist das hohe Hochwasser mit 2,60 m, am 17.7. morgens früh um 0300 das weniger niedrige Niedrigwasser mit 1,30 m, das nächste Hochwasser um 0830 ist nur 1,70 m hoch (also hier 0,90m weniger als das am Abend zuvor), das Niedrigwasser um 1400 ist mit 0,40 m viel niedriger als das am frühen Morgen, dann folgt wieder das hohe Abend-Hochwasser um 2130 mit 2,60m.)
Zur Springzeit (wir haben gerade Spring, 19.7 ist Neumond) ist das hohe Hochwasser besonders hoch und das niedrige Niedrigwasser besonders tief. Nun nähert sich das ganze wieder an, bis zu nächsten Spring. Das hohe Hochwasser ist immer nachts, das niedrige Niedrigwasser mittags. Mit anderen Worten nachts ist der Wasserstand höher als mittags. Das ist praktisch, wenn man einen Ankerplatz in einer flachen Bucht gefunden hat, aber unpraktisch, wenn man an einem Riff liegt, das vom Hochwasser überspült wird. Insgesamt ist das alles undramatisch, weil der Tidenhub, also der Unterschied zwischen Hoch und Niedrigwasser, nicht so hoch ist, aber wenn es übers Riff schwappt, schläft man nicht gut.
Auch der Montag begrüßt uns mit heftigen Schauern. Wenn es gerade nicht regnet, sieht Hope Island interessant aus, große Vögel kreisen über der Insel, der Strand leuchtet in der Sonne und Riffe säumen unseren Übernachtungsplatz. Auch für heute gibt es eine Starkwindwarnung, morgens soll es bis zu 30kn (Bft 7) Wind geben und dann abnehmen. Wir segeln trotzdem los. Heute ziehe ich zusätzlich zur Ölhose meine Segelstiefel und die dicke Jacke an, ich habe keine Lust mehr auf nasse Füße und durchgeweichte Ärmel.
Wir kommen schnell voran, der Wind nimmt immer weiter zu. Wir finden, dass der Morgen um 14h eigentlich vorbei ist und der Wind langsam nachlassen könnte, doch wir werden nicht gefragt. Schließlich haben wir durchgängig deutlich über 30kn Wind, mit Böen um die 40kn. Segeln bei 7 bis 8 Bft, eigentlich muss das nicht sein. Der biestige Seegang bricht sich, einzelne Wellen sind deutlich über 2m hoch und sehr steil. Unsere Mari interessiert das alles nicht, mit dem Großsegel im 2. Reff stürmt sie mit 7 Knoten voran, häufig sind wir sogar noch deutlich schneller. Das Vorsegel rollen wir den ganzen Tag nicht aus, das hat heute Pause.
Wir entscheiden uns nicht hinter Cape Bedford zu ankern, die Bucht ist zu flach und unser Ankerplatz wäre weit weg vom Strand in unruhigem Wasser, daher segeln wir 22sm weiter bis Cape Flattery. Obwohl wir erst spät aufgebrochen sind, können wir den Platz noch bei Tageslicht erreichen, so hat der viele Wind auch Vorteile.
Hinter Cape Flattery gibt es zwei Buchten, in der westlichen liegen drei Schlepper und zwei Fischer, es gibt einige Bojen und eine Pier. Die östliche Bucht ist leer, da wollen wir ankern. Ein langer weißer Sandstrand fasst die weite Bucht ein, der Meeresgrund steigt langsam an und wir finden einen ruhigen Platz auf 5m Wassertiefe. War es in Vanuatu oft so tief, dass man etwas suchen musste um einen Platz zu finden der nicht so wahnsinnig tief ist, ist es hier oft sehr flach. In Vanuatu fanden wir, dass 20m eine akzeptable Wassertiefe für einen Ankerplatz sind, hier hinter dem Great Barrier Riff ist es nur selten 30m tief. Um in die Bucht einzufahren holen wir weit aus. Eine sandige Nase zieht sich vom Kap nach Norden, bei 2m brechender Welle sind 4m Wassertiefe nicht viel. Viele Buchten sind sehr flach, so dass man oft weit weg vom Land ankert. Hier hinter Cape Flattery aber, ist es auch für Boote mit viel Tiefgang einfach einen geschützten Platz zu finden.
Wir genießen einen ruhigen Abend im Cockpit. Der Wind heult im Rigg, aber wir bewegen uns kaum. Der Tag, der seglerisch etwas aufregender war als nötig, hat uns mit tierischen Highlights verwöhnt. Mehrfach haben wir Delfine und große Schildkröten gesichtet, eine Schlange ist erschreckt abgetaucht und als Krönung haben wir Buckelwale gesehen. Die Walsichtung war sehr schön, trotz der hohen Wellen konnten wir die Tiere eindeutig ausmachen und sie haben uns ihre Fluken gezeigt. Gerne würden wir sie bei weniger Seegang wiedertreffen. Die Begeisterung bei Tierbegegnungen nutzt sich nicht ab, ich freue mich über jeden Delfin und jede Schildkröte, und Walsichtungen sind einfach toll.






