Port Stanley – und wieder Malakula

Die Überfahrt von Pentecost zurück nach Malakula bietet deutlich mehr Abwechslung als der Langfahrtsegler sich wünscht. Vor uns liegt ein langer Schlag, also klingelt Sonntagmorgen der Wecker, es gibt Kaffee und dann gehen wir Anker auf. Wir setzten das Groß im ersten Reff und segeln ganz gemütlich los. Eine dicke dunkle Wolke schiebt sich durch die Düse zwischen Ambrym und Pentecost und hat Wind im Gepäck. 35 Knoten in Böen, da werden die Wellen platt gedrückt. Wer weiß, was da noch kommt. Wir binden das zweite Reff ins Groß, Böen mit deutlich über 40kn machen deutlich, dass das eine ganz gute Idee war. Immerhin sind wir schnell. Die Wolke zieht vorbei, der Wind nimmt ab. Wir reffen aus, der Seegang ist schauklig, das kennen wir ja bereits. Der Wind verschwindet ganz. Wir motoren, das wäre nicht so schlimm, wenn der Seegang uns nicht so quälen würde. Wir binden wieder ein Reff ins Groß, weil das Segel bei jeder Welle hin und her schlägt, die Segellatten biegen sich, der Mast bebt. Nicht mal eine Stunde später sind wir froh um das Reff, wir haben wieder frischen Wind und rauschen mit sechs bis sieben Knoten unserem Ziel entgegen. Die Einfahrt nach Port Stanley ist einfach, die Durchfahrt zwischen zwei Inseln ist gut zu sehen und sehr tief. Plötzlich taucht etwas großes Schwarzes ganz am Rande meines Gesichtsfeldes auf und ich erschrecke sehr (zugegebenermaßen ist es nicht so schwierig mich zu erschrecken). Fünf Delfine springen synchron aus dem Wasser. Was für ein netter Schreck. Die schlanken, kleinen Tiere begleiten uns noch eine ganze Weile. Wir bergen die Segel und laufen den Ankerplatz an. Hier könnte man liegen, aber kuschelig und geschützt ist es nicht. Nur eine Meile weiter gibt es einen anderen Platz hinter einem Riff. Da die Bewölkung so dunkel ist, sehen wir nicht viel, trauen uns mit Hilfe des Satellitenbildes aber trotzdem zwischen die Riffe. Hier gefällt es uns. Recht tief ist der Platz, fast 20m, aber ab und zu muss man seine Ankerkette ja auch mal baden. Nach 48 Meilen und einem sehr anstrengenden Segeltag sind wir froh angekommen zu sein.

Wir gönnen uns einen Tag Pause, ausschlafen, Eindrücke und Fotos sortieren, eine kleine Handwäsche, gemütlich kochen, abends einen Film. Die Flaute, die der Wetterbericht uns versprochen hatte, ist abgesagt. Schade eigentlich. Auch schade, dass es so grau ist, die kleinen Inselchen mit Mangroven und hellen Stränden und die türkisenen Riffe wären bei Sonne so viel schöner. Am Dienstag wollen wir trotzdem an Land, Zeit sich ein wenig zu bewegen, abgesehen von den Schwimmeinheiten ums Boot. Außerdem könnten wir einen Laden gebrauchen. Wir würden gerne Brot kaufen und auch die Biervorräte neigen sich dem Ende zu.
Mit dem Dinghi fahren wir zu einem Anleger, an dem ein kleiner Inselfrachter liegt. Knapp eine Meile ist die Pier entfernt. Für unser kleines Dinghi sind die Wellen ganz schön hoch. Wir rauschen dahin und hoffen, dass uns die Wellen nicht einholen. Hinter dem Anleger dürfen wir unser Schlauchboot an einem Laternenpfahl anbinden. Gleich werden wir an einen guten Platz gewinkt und mehrere Männer versichern uns, dass unser Boot hier sicher ist.
Auf dem Anleger stapeln sich die Waren. Die kleine Fähre pendelt zwischen Santo und Malakula und versorgt den Ort. Auf den Kartons stehen jeweils der Empfänger und die Anzahl der Pakete. Während noch Ladung gelöscht wird, wird gleichzeitig bereits neue Ladung an Bord gebracht. Kava in großen Säcken soll nach Santo gebracht werden. Das kleine Schiff hängt ziemlich schräg an der Pier. Ein Durcheinander, irgendjemand hat sicher den Durchblick. Wir laufen drei Kilometer zum Laden in Lakatoro und finden eine gut ausgebaute, zweispurige Straße vor und auch etwas Verkehr. Nette Grundstücke und arme, heruntergekommene Häuser wechseln sich ab. Es gibt einige ganz kleine Läden, eine Tankstelle, einen Bauhof und ein paar Bars. Und, leider viel Müll. Am Straßenrand liegen Verpackungen und Plastikflaschen. Einige Grundstücksbesitzer räumen bei sich auf dem Grundstück und am Straßenrand vor ihrem Haus auf. Der Müll ist ein riesiges Problem. Schon auf den kleineren Inseln ist uns aufgefallen, dass der Müll einfach fallengelassen wird. Als die Kinder nach dem Land-Diving Wassereis gegessen haben, flog die Verpackung einfach in die Büsche. Wenn wir den Kindern einen Bonbon schenken, packen wir sie ihnen aus, oder sammeln das Papier ein, sonst geht es direkt ins Meer. Dass es auf Pentecost, in der Revelieu Bay auf Epi oder in den Maskelynen recht sauber war, liegt nicht an der guten Müllentsorgung, sondern an dem sehr eingeschränkten Konsum. An allen Orten liegen hinter fast jeder Hütte leere Waschmittelflaschen und Getränkedosen. Hier, auf dem Weg nach Lakatoro haben wir aber sehr viel mehr Müll gesehen, als in den Orten zuvor. Im besten Fall wird der Müll verbrannt, allerdings sind die Feuer nicht heiß genug und so schwelt es nur vor sich hin. Meist weht er am Straßenrand ins Gebüsch oder ins Meer. Besorgniserregend. Mit steigender Verfügbarkeit verpackter Produkte wird das Müllproblem in kurzer Zeit dramatisch wachsen.
Das führt natürlich unweigerlich zu der Frage, was wir mit unserem Müll an Bord machen. Falls wir in Luganville keine Entsorgungsmöglichkeit finden, nehmen wir ihn mit nach Australien und dort wird uns die Biosecurity davon befreien.

In Lakatoro weist ein Schild auf ein Handwerkszentrum hin. Das Angebot beschränkt sich weitgehend auf geflochtene Taschen. Die zuständige Dame spricht gut Englisch, fragt uns aus, wo wir herkommen, wie lange wir schon unterwegs sind, wo wir vor Anker liegen und erzählt fröhlich wo sie wohnt, wo wir einkaufen können und dass der Markt geöffnet hat. Auf dem Markt kaufen wir Pampelmusen, Kokosnüsse und Zitronen und stellen fest, dass die Preise hier ein halb bis ein viertel so hoch sind wie in Port Vila. Auf der anderen Seite des Sportplatzes gibt es eine Bank und den Laden der Kooperative. Der Manager erzählt uns, dass 670 Menschen Anteile besitzen und Dividende ausgeschüttet bekommen, fast alle leben hier im Ort. Er ist stolz darauf für die Kooperative zu arbeiten und zeigt uns, was sie alles im Angebot haben. Die Produktpalette ist beachtlich, Lebensmittel, Schulsachen, Haushaltswaren und Kleidung. Für uns gibt es hier frisches Brot und Bier.
Auf dem Rückweg sehen wir uns noch die anderen Läden in Lakatoros Geschäftszeile an, die teilweise ein sehr überschaubares Angebot haben. In einem Laden kaufen wir zwei Donut-artige Gebäckstücke und stärken uns für den Rückweg. Eine Gruppe Jungs begleitet uns und probiert ihr Englisch aus.
Die Dinghi-Fahrt zurück zu Mari wird sehr nass. Wieder an Bord müssen wir uns erstmal trocken legen.