Die Maskelynen – Besuch auf Awei

Gute 20 Meilen liegen zwischen unserer Ankerbucht auf Epi und den Maskelynen, einer Gruppe kleiner Inseln südlich von Malakula. Der Wind hat zugelegt, fünf Bft, in den Böen sind es satte sechs, und die Wellen sind gute zwei Meter hoch. Das Segeln bereitet uns Vergnügen, ist aber einigermaßen sportlich. Strömung und Unterwasserfelsen sorgen zum Teil für sehr steile Wellen. Mir macht es Spaß, ich steuere die ganze Zeit von Hand. Vor der Einfahrt zwischen zwei Inseln halsen wir und können dann mit raumem Wind einfahren. Kurz bevor wir zwischen die Riffe segeln, spüren wir, dass der Strom uns stark versetzt. Zwischen den Riffen und Inselchen bildet das Wasser kleine Strudel, die sich aber problemlos aussteuern lassen. Dahinter ist das Wasser ganz glatt, wir haben keinen Seegang mehr, die Sonne scheint und lässt die flachen Stellen türkis leuchten.


Wir bergen die Segel und tasten uns auf den Ankerplatz vor. Dort liegt schon ein französischer Katamaran, der kurz vor uns angekommen ist. Der Ankerplatz liegt zwischen zwei Inseln, die durch ein breites Riff verbunden sind, und bietet genügend Platz.
Einige Kanus liegen an der Riffkante und die angelnden Menschen winken uns zu. Kurze Zeit später sitzt Chief Sofren in unserem Cockpit. Er heißt uns willkommen. Im kleinen Dorf auf der anderen Seite der Insel leben 19 Menschen. Sie fischen auf den umliegenden Riffen und haben Gärten auf ihrer Insel Awei und auch auf der anderen Seite des Ankerplatzes auf der Hauptinsel Malakula.
Wir knüpfen erste Handelsbeziehungen, hier im Dorf kann man alles gebrauchen, Leinen, Angelhaken, Nadeln, Lebensmittel, alles ist gefragt. Wir freuen uns über Frischproviant. Der letzte Zyklon hat Teile der Bananenpflanzungen vernichtet, deshalb gibt es im Moment keine, aber grüne Kokosnüsse zum Trinken nehmen wir sehr gerne.

Der Platz gefällt uns und bei dem durchwachsenen Wetter liegen wir hier gut, wir bleiben. Am nächsten Tag besuchen wir das kleine Dorf. Eine Viertelstunde läuft man auf die andere Seite der
Insel. Der Chief begleitet uns und erzählt, dass das Leben auf der Windseite angenehmer ist, außerdem ist das Land dort etwas höher gelegen, die tiefer gelegenen Bereiche werden bei Hochwasser ab und zu überflutet. Das Innere der Insel ist steil und bewaldet, dorthin gehen sie nur, wenn sie Feuerholz brauchen. Überall liegen angefressene Kokosnüsse herum, es gibt ein Problem mit Ratten. Wie in der gesamten Südsee haben sie sich auch hier sehr erfolgreich verbreitet.
Das Dorf besteht aus mehreren hübschen, kleinen Hütten. Die meisten haben ein Palmendach und Wände aus geflochtenen Matten. Das kleine Dorf macht einen liebevoll hergerichteten Eindruck mit kleinen Einfassungen und Blumen. Überall sind Hühner unterwegs. Wie auf vielen Inseln, die wir besucht haben, gibt es keinen Hühnerstall und die Eier der Hühner werden nicht eingesammelt und gegessen. Die Hühner dienen nur als Fleischlieferant. Wir treffen keinen der anderen Bewohner, sind aber ziemlich sicher, dass wir beobachtet werden.
Als wir zurück zu unserem Dinghi kommen, sitzen die Schwestern des Chiefs neben ihrem Kanu und lachen sich kaputt. Einer der Segler vom Kat, der neben uns ankert, versucht sich im Wingfoilen und fällt dabei regelmäßig ins Wasser. Das ist anscheinend das Lustigste, was hier seit einiger Zeit passiert ist.

Am nächsten Tag wollen wir bei Niedrigwasser am Riff spazieren gehen. Wir landen mit dem Dinghi an einem Strand an und treffen dort auf eine Familie, die Sand für den Hausbau in Säcke füllt. Auch sie nutzen die Gelegenheit und bieten uns Kokosnüsse an. Auf dem Rückweg kommen sie mit ihrem Kanu bei Mari längsseits. Im Kanu sitzen die Eltern mit ihren drei kleinen Jungs. Die Hunde müssen die weite Strecke zurück zum Dorf schwimmen. Der kleinere der Hunde würde gerne bei uns an Bord kommen und ich sehe Nobbi an, dass es ihm sehr schwer fällt den netten Hund nicht aus dem Wasser zu fischen.
Das Riff ist sehr breit und auf seinem Dach ist auf der Innenseite eine Seegraswiese. Im flachen Wasser sind viele ganz kleine Fische unterwegs und wir entdecken einen kurios aussehenden Aal. Zumindest denken wir, dass es ein Aal ist. Eine einzeln stehende Mangrove behauptet sich tapfer nahe der Riffkante. Vom Strand aus führen schmale Pfade zwischen den Mangroven ins Inselinnere, dort befinden sich die Gärten. Ohne Begleitung wollen wir uns nicht ins Unterholz wagen, doch von draußen sehen wir, dass die Kulturpflanzen im Wald zwischen den hohen Bäumen wachsen. Die Kokosplantagen sieht man von weitem, die Gipfel der Palmen ragen hoch hinter den Mangroven auf.
Abends fliegen Flughunde zwischen den hohen Inseln hin und her. Mir gefallen sie, sie sehen aus wie wir uns Vampire vorstellen und sind flott unterwegs. Und, es gibt noch ein weiteres tierisches Highlight, schon beim Einfahren in die Bucht haben wir ein Dugong gesehen, das dann leider nicht wieder aufgetaucht ist. Am dritten Abend haben wir Glück, in der Dämmerung schnauft es neben dem Boot. Einige Zeit können wir es beobachten, auch wenn es schon ziemlich dunkel ist.